Trendobjekt in der Direktvermarktung
Ein eigener Selbstbedienungsladen ist ein wichtiger Baustein in der Direktvermarktung. Landauf und landab wachsen viele solcher Verkaufsstellen aus dem Boden. Dabei tut ein Blick auf den gesetzlichen Rahmen Not, um einen Selbstbedienungsladen aus bau- und raumordnungsrechtlicher sowie haftungsrechtlicher Sicht sicher zu errichten.

Selbstbedienungsladen als bauliche Anlage
Gemäß § 2 Absatz 2 Tiroler Bauordnung 2022 (kurz: TBO) sind Gebäude überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und die dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Dementsprechend ist ein Selbstbedienungsladen als bauliche Anlage bzw. sogar als Gebäude zu qualifizieren, für welche die Regeln des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 (kurz: TROG) und die Bestimmungen der TBO einzuhalten sind.
Vielfach wollen die landwirtschaftlichen Betriebe Selbstbedienungsläden auf Flächen errichten, welche die Widmungskategorie "Freiland" aufweisen. In raumordnungsrechtlicher Hinsicht dürfen im Freiland nur die in § 41 Absatz 2 TROG abschließend aufgezählten Objekte errichtet werden (sogenannter "Freilandkatalog" im Raumordnungsgesetz). Nur die dort genannten baulichen Anlagen bzw. Gebäude sind im Freiland zulässig. Selbstbedienungsläden sind darin nicht aufgezählt, weshalb sie im Freiland grundsätzlich nicht errichtet werden dürfen.

Im Freiland nur als Nebengebäude
Ein Selbstbedienungsladen als bauliche Anlage wäre im Freiland nach dem Freilandkatalog des Raumordnungsgesetzes nur dann zulässig, wenn es sich dabei um ein "Nebengebäude" nach § 2 Absatz 10 TBO handelt, also um ein Gebäude, das aufgrund seines Verwendungszweckes einem auf demselben Grundstück befindlichen (Haupt-)Gebäude funktionell und hinsichtlich seiner Größe untergeordnet und nicht für Wohnzwecke bestimmt ist. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich der meist kleinere Selbstbedienungsladen mit der Hofstelle auf demselben Grundstück befindet.
Umwidmung als Alternative
Kann die Möglichkeit zur Errichtung als Nebengebäude nicht ausgenützt werden, ist eine Umwidmung des Grundstückes notwendig. Es bietet sich für einen Selbstbedienungsladen die Flächenwidmung des § 47 TROG (Sonderfläche für land- oder forstwirtschaftliche Gebäude und Anlagen) an. Dabei ist stets zu bedenken, dass eine Umwidmung einen Beschluss des Gemeinderates voraussetzt und das Land Tirol als Aufsichtsbehörde von sich aus nicht tätig werden kann (Stichwort: örtliche Raumordnung ist ausschließlicher Wirkungsbereich der Gemeinde). Eine Widmung ohne das aktive Zutun des Gemeinderates ist daher nicht möglich.
Nach dem Baurecht ist für die Errichtung bzw. Änderung eines Selbstbedienungsladens als bauliche Anlage bzw. Gebäude - je nach Ausführung - eine Bauanzeige nach § 30 TBO oder gar ein Bauansuchen nach § 29 TBO notwendig. Zuständige Behörde im Bauverfahren ist die/der Bürgermeister:in.
Selbstbedienungsladen als Fahrzeug?
Eine andere Möglichkeit, einen Selbstbedienungsladen rechtmäßig zu betreiben, wird im Folgenden aufgezeigt: Wenn der Selbstbedienungsladen tatsächlich mobil ist, so sind die vorher genannten umfangreichen bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften obsolet! An die Mobilität werden jedoch umfangreiche Voraussetzungen, wie beispielsweise Bremsen und Achslast gestellt, die einer "Scheinmobilität" einen Riegel vorschieben sollen. Um die nötige Eigenschaft des Selbstbedienungsladens als Fahrzeug im Sinne des österreichischen Kraftfahrrechtes zu erlangen, empfiehlt es sich, schon beim Erwerb eines fertig konstruierten, rollenden Selbstbedienungsladens als Fahrzeug vom Hersteller bzw. vom Verkäufer einen kraftfahrrechtlich anerkannten Nachweis der Typisierung eben als Fahrzeug zu verlangen. Den Nachweis der Mobilität erbringt man entweder mit einem Typenschein oder mit einem Gutachten eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen, dass es sich bei dem Selbstbedienungsladen um ein Fahrzeug handelt. Zu beachten ist dabei, dass die Bestätigung dem österreichischen Kraftfahrrecht entsprechen muss. Bescheinigungen z.B. deutscher Hersteller werden von den österreichischen Behörden meist nicht anerkannt bzw. ist dann oftmals eine teure, nachträgliche Einzeltypisierung zu veranlassen. Grundsätzlich wird im Einzelfall zu klären sein, ob es sich bei einem "rollenden" Selbstbedienungsladen um eine bauliche Anlage im Sinne des Bau- und Raumordnungsrechtes oder um ein Fahrzeug im Sinne des Kraftfahrrechtes handelt, wobei im Zweifelsfall ein kraftfahrtechnischer Sachverständiger beizuziehen ist. Sollte die Fahrzeug-
eigenschaft bejaht werden, ist die Geltung der TBO und des TROG auszuschließen und zu verneinen. In diesem Fall ist der Gemeinde (sprich Gemeinderat und Bürgermeister) nichts anzuzeigen bzw. zu melden.
Selbstbedienungsladen auf fremdem Grund
Wird ein Selbstbedienungsladen auf einem fremden Grundstück errichtet bzw. aufgestellt, ist freilich die Zustimmung des jeweiligen Grundstückseigentümers einzuholen. Dabei empfiehlt es sich, einen schriftlichen Bestandvertrag mit der Grundeigentümerin bzw. dem Grundeigentümer abzuschließen, worin die jeweiligen Rechte und Pflichten geregelt werden.
Verkehrssicherungspflicht beachten
Als Verkehrssicherungspflicht wird die allgemeine Rechtspflicht bezeichnet, im täglichen Umgang Rücksicht auf andere zu nehmen. Insbesondere umfasst die Verkehrssicherungspflicht die Absicherung von Gefahrenquellen. Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht verlangt Sicherungsmaßnahmen zum Schutz aller Personen, deren Rechtsgüter durch die Schaffung einer Gefahrenlage verletzt werden können. Wer einen Verkehr eröffnet (z.B. Zugang auf dem Grundstück hin zum Selbstbedienungsladen, Stufen beim Eingang, Bodenbelag etc.), muss die Verkehrsteilnehmer:innen im Rahmen des Zumutbaren schützen und vor Gefahren warnen. Darüber hinaus hat jede:r, die/der eine Gefahrenquelle schafft oder in seinem Bereich bestehen lässt, dafür zu sorgen, dass sie niemanden schädigt.