Ansprüche nach Kündigung
In Österreich besteht ein gesetzlicher Urlaubsanspruch im Ausmaß von fünf Wochen im Jahr. Weiters sehen die gesetzlichen Regelungen - entweder bei Erreichung eines gewissen Alters, oder nach Zurücklegen einer gewissen Dienstzeit - eine zusätzliche sechste Urlaubswoche vor. Der bezahlte Urlaub soll der Erholung der Arbeitnehmer:innen von den laut Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben dienen und daher möglichst im Jahr des Urlaubsanfalls in Anspruch genommen werden können. Ist dies nicht möglich, wird der Resturlaub im Folgejahr dem neu anfallenden Urlaub hinzugerechnet. Wird der "alte" Urlaub nicht innerhalb der zwei nachfolgenden Jahre verbraucht, ist dieser verjährt.
Auszahlung der Ersatzleistung
Eine finanzielle Abgeltung eines (Rest-)Urlaubsanspruchs ist, auch mit Zustimmung oder auf Wunsch des Arbeitnehmers, gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Auszahlung einer Urlaubsersatzleistung ist nur im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses zulässig, wenn der Urlaub nicht mehr in Form von Freizeit in Anspruch genommen werden kann. Das Urlaubs-, wie auch das Landarbeitsgesetz sehen vor, dass den Arbeitnehmer:innen der aliquote Teil des noch nicht verbrauchten Jahresurlaubes in Geld abzufinden ist. Diese Regelung betrifft das laufende Arbeits- bzw. Urlaubsjahr, was bedeutet, dass beispielsweise bei Urlaubsanfall am 1. Jänner und Beendigung des Dienstverhältnisses am 30. Juni, eine Urlaubsersatzleistung für bis zu zweieinhalb Wochen zustünde, sofern dieser nicht bereits in Anspruch genommen wurde. Im Falle eines ungerechtfertigten vorzeitigen Austritts durch die/den Arbeitnehmer:in, gebührte die Ersatzleistung jedoch nicht. Diese gesetzliche Einschränkung des nationalen Gesetzgebers hatte jedoch der EuGH in seinem Urteil vom 25. November 2021 zur Rechtssache C-233/20, nach erfolgtem Vorabentscheidungsersuchen durch OGH als unionsrechtswidrig beurteilt.
Entsprechend dem Art. 7 der Richtlinie 2003/88 stehen jeder und jedem Arbeitnehmer:in zumindest vier Wochen bezahlter Jahresurlaub zu. Durch die Möglichkeit der finanziellen Abgeltung im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses soll der Anspruch auf einen bezahlten Urlaub gewahrt werden, auch wenn dieser nicht mehr "verbraucht" werden kann. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich, dass es zwar den Mitgliedstaaten überlassen ist, die Richtlinie im nationalen Recht umzusetzen, an Voraussetzungen darf die Entstehung des Anspruchs jedoch nicht geknüpft werden. Somit widersprach die gesetzliche Regelung, wonach eine Urlaubsersatzleistung im Falle eines vorzeitigen Austritts ohne wichtigen Grund nicht zusteht, dem EU-Recht.
5. und 6. Urlaubswoche
In der Rechtssache OGH 22. Februar 2022 8 ObA 95/21k präzisierte der OGH die Auswirkungen der Vorabentscheidung des EuGH. Durch die Unionsrechtswidrigkeit der nationalen Regelung war diese nicht mehr anzuwenden und somit ist eine Urlaubsersatzleistung auch im Falle des Austritts ohne wichtigen Grund zu leisten. Da das Unionsrecht jedoch lediglich vier Wochen bezahlten Urlaub garantiert und in Österreich fünf bzw. sechs Wochen Jahresurlaub gewährt werden, liegt eine Besserstellung durch das nationale Recht vor. Somit muss jedenfalls nur für vier Wochen eine Urlaubsersatzleistung bezahlt werden, um den EU-Vorgaben Genüge zu tun. Für die fünfte und sechste Urlaubswoche besteht hingegen kein Rechtsanspruch. So lautete die Entscheidung des OGH in diesem Fall und demensprechend wurden in weiterer Folge die entsprechenden Bestimmungen im Urlaubsgesetz und auch im Landarbeitsgesetz geändert.
Anzumerken ist, dass der Anspruch auf Urlaubsersatzleistung für die fünfte und sechste Urlaubswoche im Falle eines Austritts ohne wichtigen Grund immer nur für das laufende Urlaubsjahr entfällt. Für Resturlaube aus den Vorjahren besteht, sofern die Ansprüche noch nicht verjährt sind, immer Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung im Ausmaß des noch ausständigen Urlaubsentgelts.