LK-Präsident kritisiert EU-Vorgehensweise
Der Verdacht, dass das Mercosur-Abkommen trotz Ablehnung mehrerer Mitgliedsstaaten weiter vorangetrieben wird, hat sich mit dem am Mittwoch, 3. September 2025, präsentierten Vorschlag der EU-Kommission bestätigt. LK-Präsident Josef Hechenberger übt erneut Kritik: „Es ist für uns unverständlich und inakzeptabel, dass einerseits dem internationalen Handel Tür und Tor geöffnet wird und andererseits Überlegungen angestellt werden, Budgets für die produzierende Landwirtschaft in Europa zu kürzen.“

Große Freihandelszone geplant
Mit dem Mercosur-Abkommen soll eine große Freihandelszone zwischen der EU und den sogenannten Mercosur-Staaten geschaffen werden. Dazu zählen die südamerikanischen Länder Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Die Freihandelszone wäre mit über 700 Millionen betroffenen Einwohner:innen eine der größten weltweit. Verhandlungen dazu laufen bereits seit dem Jahr 1999, Ende des Vorjahres wurde eine entsprechende Vereinbarung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterschrieben. Da einige EU-Staaten jedoch ihr Vetorecht nutzten und sich gegen das Abkommen aussprachen, trat dieses bislang nicht in Kraft. Nun soll erneut über einen überarbeiteten Vorschlag abgestimmt werden, dieses Mal jedoch aufgeteilt in einen Handelsteil und einen politischen Teil. Eine Veränderung mit weitreichenden Folgen, denn der Handelsteil gilt im Rat der EU-Länder nun bereits als angenommen, wenn er eine qualifizierte Mehrheit erreicht, also wenn zumindest 15 Länder, mit einem gemeinsamen Anteil von 65 Prozent der EU-Bevölkerung, dafür stimmen. Im Europaparlament braucht der Vorschlag eine einfache Mehrheit, um angenommen zu werden. Diese Veränderungen im Prozess der Abstimmung folgten als Antwort auf die eingelegten Vetos einiger Länder. Hechenberger zeigt sich über die Vorgehensweise erbost: „Das Vorgehen der EU-Kommission ist in Hinblick auf unsere demokratischen Grundprinzipien sehr kritisch zu betrachten. Ich finde es absolut verwerflich, die deutliche Ablehnung mehrerer Mitgliedstaaten derart dreist zu missachten und ihnen nun quasi über die Hintertür das Abkommen aufzuzwingen.“
Unfairer Handelspakt
Hechenberger konkretisiert seine Bedenken zum geplanten Abkommen: „Unterschiedliche gesetzliche Vorgaben zu den Produktionsstandards führen gleich zu mehreren Problemen. Billigimporte mit weit niedrigeren gesetzlichen Auflagen üben massiven Konkurrenzdruck auf heimische Lebensmittel aus, welche nach höchsten Produktionsstandards hergestellt werden. Diese Entwicklungen gefährden die Existenz unserer kleinstrukturierten Familienbetriebe! Aber auch für Konsumentinnen und Konsumenten können Gefahren entstehen, wenn beispielsweise der Einsatz von Spritzmitteln oder Antibiotika in den Mercosur-Staaten nicht entsprechend den europäischen Standards überprüft wird. Unumstritten sind zudem die Auswirkungen auf Umwelt und Klima, wenn Lebensmittel aus Übersee importiert werden.“
Das Mercosur-Abkommen ist sowohl für die Landwirtschaft als auch für die gesamte Gesellschaft ein brisantes Thema, wobei auch der Umgang mit bestehenden Parlamentsbeschlüssen zu hinterfragen ist: „Dass trotz der Ablehnung mehrerer EU-Mitgliedstaaten weiter am Mercosur-Abkommen festgehalten wird und dieses ohne wesentliche Verbesserungen sowie ungeachtet der Widersprüche auf den Tisch gebracht werden soll, ist aufs Schärfste zu kritisieren! Ich plädiere für einen Diskurs, der weder die demokratische Entscheidungsfindung noch die Bedeutung der Versorgungssicherheit aus den Augen lässt. Denn Versorgungssicherheit entsteht nicht durch Importe aus dem Ausland, sondern durch eine gesicherte Lebensmittelproduktion in der Region!“