Rechtliche Anpassungen in BIO ab 2023
Wesentliche Änderungen und Informationsangebot im Überblick
Mit Inkrafttreten der neuen EU-Bio-Verordnung (VO (EU) 2018/848), gelten seit 1. Jänner 2022 unionsweit revidierte Produktionsvorschriften für die biologische Produktion. Damit gilt für das gesamte Unionsgebiet eine harmonisierte Rechtsgrundlage und regionale Kreisläufe und Bio-Wertschöpfungsketten werden zunehmend geschlossen. Beispiele dafür sind die Verfügbarkeitsdatenbanken für Bio-Tiere und Bio-Pflanzenvermehrungsmaterial sowie einheitliche Zertifikatsvorlagen. National sind mit Jahresbeginn 2023 wenige, noch ausständige Anpassungen umzusetzen und auslaufende Übergangsbestimmungen wurden neu geregelt. Der folgende Artikel gibt einen Überblick
Nationale Umsetzungsschritte weitgehend abgeschlossen
Die Mitgliedsstaaten sind mit der neuen EU-Bio-Verordnung zur Einrichtung von Bio-Verfügbarkeitsdatenbanken verpflichtet, denn der Zukauf von konventioneller Qualität ist nach den neuen Vorgaben nur noch im Falle der Nichtverfügbarkeit von Bio-Qualität beantragbar. Damit sollen der Bio-Markt gestärkt und schrittweise der Bedarf an Ausnahmen von der biologischen Wirtschaftsweise reduziert werden.
- Seit Jahresbeginn 2022 kann in der Bio-Saatgutdatenbank der AGES neben der Verfügbarkeit von biologischem Saatgut nun auch das Angebot an anderem Bio-Pflanzenvermehrungsmaterial wie Pflanzgut und Setzlinge nachgeschlagen werden.
- Mit 1. Jänner 2023 wird ein vergleichbares System im Tierbereich eingeführt, denn auch der Zukauf konventioneller Zuchttiere jeden Alters (auch Schweine) ist bis auf wenige Ausnahmen nur noch im Falle der Nichtverfügbarkeit von Bio-Tieren gemäß Bio-Tierdatenbank genehmigbar (siehe dazu hier).
Ein zweiter Themenschwerpunkt der neuen EU-Bio-Verordnung betrifft das Setzen von Vorsorgemaßnahmen zur Verminderung des Risikos der Kontamination von Bio-Ware mit für die biologische Produktion nicht erlaubten Stoffen. Damit soll Bio-Betrieben Rechtssicherheit im Falle von unverschuldeten Schadstoffeinträgen gewährt und eine Aberkennung des Bio-Status bei betroffener Ware verhindert werden. Die nationale Richtlinie schreibt verpflichtende und freiwillige Maßnahmen vor, deren Umsetzung größtenteils bereits letztes Jahr erforderlich war und von der Bio-Kontrollstelle überprüft worden ist.
- Durch das Ausfüllen der sog. Checkliste Vorsorgemaßnahmen und allfällige Rücksprache mit den Bio-Beratern der Landwirtschaftskammern konnte sich jeder Betrieb optimal auf die Bio-Kontrolle vorbereiten. Ab dem Frühjahr 2023 wird auf lko.at eine aktualisierte Version der Checkliste zur Verfügung gestellt.
- Derzeit wird außerdem an einer digitalen Lösung gearbeitet, die eine automatisierte und anonymisierte Informationsweitergabe sicherstellen soll. Damit soll die Informationspflicht gegenüber den Bewirtschaftern angrenzender konventioneller Ackerflächen oder Raumkulturen bis spätestens Vegetationsbeginn 2023 für alle Beantragenden der Bio-Maßnahmen im MFA automatisch umgesetzt werden. Wir berichten dazu in der Februar-Ausgabe des Bauernjournals bzw. auf lko.at.
Auslaufende Übergangsbestimmungen und Anpassungen ab 2023
Einige wesentliche Detailfragen zur Bio-Tierhaltung und -Fütterung konnten inzwischen ebenfalls geklärt werden. Derzeit noch laufende Übergangsfristen (z. B. Kälbergruppenhaltung, Lehnviehregelung, Einsatz Eiweißfuttermitteln für Schweine und Geflügel) laufen mit Jahresende 2022 aus bzw. werden durch folgende Neuregelungen ersetzt, die mit 1. Jänner 2023 in Kraft treten.
- Kälbergruppenhaltung – die bestehende Regelung läuft mit Ende 2022 aus. NEU: Ab 1. Jänner 2023 ist eine Ausnahme von der Gruppenhaltung nur noch unter bestimmten Bedingungen (Erkrankung, Ansteckungsgefahr, Eingriffe, Nabelschnur, Besaugen, Altersunterschied > 4 Wochen) mit tierärztlicher Anordnung und zeitlich begrenzt möglich. Präventive Einzelhaltung zur Vorbeugung des gegenseitigen Besaugens ist nicht zulässig. Generell schreibt die EU-Bio-Verordnung die Gruppenhaltung von Kälbern ab der 2. Lebenswoche vor und Betriebe mit Kälbern müssen über entsprechende Haltungseinrichtungen zur Gruppenhaltung verfügen. Ab der 8 Lebenswoche ist keine Ausnahme von der Gruppenhaltung möglich.
- Konventionelle Eiweißfuttermittel für Geflügel und Schweine – gemäß EU-Bio-Verordnung ist die Fütterung mit bis zu 5% konventionell erzeugten Eiweißfuttermitteln nur noch für Junggeflügel und für Ferkel bis 35 kg möglich, sofern nicht genügend biologisches Eiweißfutter verfügbar ist. NEU: Für 2023 wurde für Ferkel bis 35 kg eine ausreichende Versorgung mit Bio-Eiweißfuttermitteln festgestellt – eine konventionelle Eiweißfütterung ist daher nicht mehr zulässig. Für Junggeflügel (bis zur 18. Lebenswoche) ist eine Fütterung mit bis zu 5% nichtbiologischen Eiweißkomponenten möglich.
- Lehnviehvereinbarung (Kalbinnenaufzucht)– die bestehende Regelung läuft mit Jahresende 2022 aus. NEU: Ab 1. Jänner 2023 können nichtbiologische weibliche Rinder per schriftlicher Lehnviehvereinbarung am Bio-Betrieb mitlaufen, sofern sie vor der ersten Abkalbung wieder auf den konventionellen Herkunftsbetrieb zurückkehren und die Haltung und Fütterung aller Tiere den Vorgaben der EU-Bio-Verordnung entspricht. Neu ist auch, dass die Bio-Milch der anderen Kühe am Betrieb weiterhin abgegeben werden darf.
- Produktionsvorschriften für Neuweltkamele (Lamas, Alpakas): Diese können auch weiterhin bio-zertifiziert werden. NEU: Ab 1. Jänner 2023 gelten die Produktionsbestimmungen für Geweihträger gemäß EU-Bio-Verordnung und Durchführungsverordnung.
- Umstellungszeit: 12 Monate
- Weidezugang: wann immer die Umstände es gestatten (Witterung, jahreszeitliche Bedingungen, Boden)
- Mindesttränkezeit: 240 Tage ab Geburt
- Futtermittel: mindestens 60% der Futtermittel stammen vom eigenen Betrieb oder aus Kooperation mit regionalen Bio-Betrieben
- Zukauf zu Zuchtzwecken: konventionelle männliche oder weibliche Tiere > 18 Monate können zur Herdenerneuerung zugekauft werden.
- Verfütterung von Restbeständen verbotener Zukauffuttermittel während der Umstellungszeit der Tiere – die bisherige Aufbrauchfrist von 2 Monaten läuft mit Jahresende 2022 aus. NEU: Ab 1. Jänner 2023 ist das Füttern verbotener Futtermittel während des gesamten Umstellungszeitraums nicht zulässig.
- Katastrophenfall: im Falle von extremen Witterungsverhältnissen, Naturkatastrophen weitverbreiteten Tierseuchen oder Pflanzenkrankheiten können zeitlich begrenzt bestimmte Ausnahmen von den Produktionsvorschriften gewährt werden. Das Ereignis muss dazu von der Behörde offiziell als Katastrophenfall anerkannt werden. Landwirtschaftskammern und BIO AUSTRIA unterstützen bei der Antragstellung, wobei betriebsbezogene und gebietsbezogene Ausnahmen möglich sind.
Ausblick und Informationsangebot
Die nationalen Umsetzungsarbeiten sind damit weitgehend abgeschlossen und bieten Rechtssicherheit für die Bio-Betriebe. In wenigen weiteren Punkten besteht weiterhin rechtlicher Anpassungsbedarfs. Dies betrifft beispielsweise die Summenregelung (Stallbau) bei Wiederkäuern sowie die Produktionsvorschriften für Imkerei und Kaninchenhaltung. Wir informieren ab Bekanntwerden allfälliger weiterer Umsetzungsdetails wie gewohnt auf lko.at.
Fragen rund um die Antragstellungen im VIS sind in einem umfassenden, laufend aktualisierten Katalog häufig gestellter Fragen im Onlineportal des VIS verfügbar. Für ein persönliches Beratungsgespräch stehen Ihnen die Bio-Beraterinnen und Bio-Berater der Landwirtschaftskammern gerne zur Verfügung.
Fragen rund um die Antragstellungen im VIS sind in einem umfassenden, laufend aktualisierten Katalog häufig gestellter Fragen im Onlineportal des VIS verfügbar. Für ein persönliches Beratungsgespräch stehen Ihnen die Bio-Beraterinnen und Bio-Berater der Landwirtschaftskammern gerne zur Verfügung.
Informationsangebot Bio-Neuerungen:
- Artikelserien auf lko.at
- „Fahrplan durch die neue Bio-Verordnung“ – alle seit 1. Jänner 2022 geltenden Änderungen
- „Rechtliche Anpassungen in Bio ab 2023“ – alle mit 1. Jänner 2023 in Kraft tretenden Anpassungen
- Alle für die biologische Produktion relevanten und aktuellen Veröffentlichungen und Rechtsgrundlagen gemäß geltendem österreichischem und EU-Recht finden Sie hier: Kommunikationsplattform VerbraucherInnengesundheit (Lebensmittel>Bio).
- Informationsveranstaltungen in den Bundesländern, auch zu Bio im neuen ÖPUL
- Persönliches Beratungsgespräch bei Ihrer Bio-Beratung vor Ort.