Landwirtschaft – wohin gehst du?
Schwankende Preise, steigende gesellschaftliche Ansprüche, eine aktuell sinkende Zahlungsbereitschaft der Konsument:innen für Lebensmittel, wachsende Bürokratie oder der Klimawandel sind aktuell jene Themen, die die Betriebe, aber auch die Landwirtschaftspolitik enorm fordern. Um all diesen Hürden zu begegnen, braucht es „klare agrarpolitische Perspektiven und Rahmenbedingungen“, betonte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig bei der Präsentation der Ergebnisse des Strategieprozesses „Vision 2028+“. Allen voran will er den Dialog mit der Gesellschaft stärken. Das sei notwendig, denn viele Konsument:innen wünschen sich Lebensmittel mit höchster Qualität, aber zu Dumping-Preisen. Das geht sich nicht aus. Die Vision 2028+ zeigt eindeutig, was zu tun ist: das Zusammenspiel zwischen Landwirtschaft, Handel, Konsumenten, Medien und NGOs ist zu verbessern. Da die „Fremdbestimmtheit“ vielen Landwirt:innen ganz viel Motivation raubt, ist der Abbau bürokratischer Hürden ein erklärtes Ziel. Die Vision 2028+ wird in die Arbeit mit der neuen EU-Kommission einfließen und maßgeblich für die Verhandlungen zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik und für eine ökosoziale Ausrichtung des Green Deals sein.
Perspektiven erarbeitet
Gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Beirat wurden aber auch für die Landwirtschaft selbst Perspektiven, mit dem Fokus auf nachhaltige Versorgungssicherheit, erarbeitet. Es gibt ein klares Bekenntnis zu grünlandbasierter, standortangepasster Nutztierhaltung, weniger Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen, integriertem Pflanzenschutz und Stärkung der biologischen Landwirtschaft. Mit dem bemerkenswerten Zitat „Wer grün handelt, aber rote Zahlen schreibt, kann der Gesellschaft nicht nachhaltig dienlich sein“ wird von Seiten der Wissenschaft auch die monetäre Abgeltung von Ökoleistungen der Landwirtschaft thematisiert. Großen Stellenwert erfährt in der neuen Strategie auch die Diversifizierung. Erwerbskombinationen und Geschäftsmodelle, die sich an neuen Markt- und Ernährungstrends orientieren, sind keine Nische mehr und sollen künftig besonders unterstützt werden. In diesem Zusammenhang wird den Frauen als treibende Kraft eine besondere Rolle zugeschrieben. „Die enorme Wertschöpfung, die Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben und im ländlichen Raum generieren, verdient nicht nur Anerkennung, sondern auch Wertschätzung durch monetäre Abgeltung. Finanzielle und rechtliche Sicherheit sowie die gleichberechtigte Mitbestimmung in den agrarischen und nicht-
agrarischen Gremien sind die Grundvoraussetzung für ein gleichberechtigtes Leben und Arbeiten“, heißt es im Text.
Besondere Aufmerksamkeit erfahren in der Vision 2028+ auch die jungen Menschen in der Landwirtschaft. Sie sind motiviert und wollen unternehmerisch tätig sein. Sie wünschen sich Freiräume, den Rückhalt der Eltern und eine frühe, gelungene Hofübergabe. Als wichtigste Zukunftsstrategien sehen sie Weiterbildung mit Fokus auf Kooperationen, Vernetzung, Digitalisierung und Qualitätsprogramme.
Die Vision 2028+ ist ein Prozess, an dem über 3.000 Menschen beteiligt waren und der eine Vielzahl an Ideen für die Weiterentwicklung der österreichischen Landwirtschaft liefert. Es lohnt sich, hineinzulesen, um vielleicht eine Idee für die Vision am eigenen Betrieb zu bekommen: Unter www.landwirtschaft.at/vision2028 kann der Bericht heruntergeladen werden. Der Prozess geht auf jeden Fall noch weiter, nach dem Motto: Ideen säen – Vielfalt und Erfolg ernten.