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Landwirtschaft hat oberste Priorität

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30.12.2025 | von Veronika Fraisl

LK-Präsident Josef Hechenberger im Interview

Aus Sicht der österreichischen Landwirtschaft blicken wir einem spannenden politischen Jahr entgegen, welches eine aktive und engagierte Interessenvertretung fordert. Im Jahresinterview spricht LK-Präsident Josef Hechenberger über einige Themen, die aus seiner Sicht für die nächste Zeit besonders relevant sind.
Kühlregal im Supermarkt © Tupungato – stock.adobe.com
Für LK-Präsident Josef Hechenberger ist klar: Lebensmittel verdienen im Handel mehr Wertschätzung und Wertschöpfung – diese muss auch bei den Landwirt:innen ankommen! © Tupungato – stock.adobe.com
Ein Thema, das uns die letzten Wochen begleitete, ist die Preisdiskussion zu den Lebensmitteln. Zum Jahresende wurden Zahlen veröffentlicht, die belegen, dass nur vier von hundert Euro der Lebensmittelkosten bei den Landwirt:innen landen. Gleichzeitig werden immer wieder niedrigere Lebensmittelpreise gefordert. Wie schätzt du diese Situation ein?

Die gesamte Preisdiskussion schießt am Ziel vorbei. Wir setzen uns seit Jahrzehnten dafür ein, die österreichische Bevölkerung mit regionalen, qualitativ hochwertigen Lebensmitteln in ausreichender Menge versorgen zu können. Forderungen nach niedrigeren Preisen treffen jene am meisten, die ohnehin schon am wenigsten an den Lebensmitteln verdienen – die Bäuerinnen und Bauern. Aktuell sehen wir unterschiedliche Entwicklungen bei tierischen Produkten, die Fleischpreise sind auf einem wirtschaftlichen Niveau, bei der Milch sind wir hingegen mit einem dramatischen Preisverfall konfrontiert. Heimische Milch wird zu Schleuderpreisen angeboten, teilweise sogar durch ausländische ersetzt – dabei wird aber munter mit dem Image der regional produzierten Milch weitergeworben. Diese Vorgehensweise ist sowohl den Landwirt:innen als auch den Konsument:innen gegenüber unfair und ist zur Rechenschaft zu ziehen. Um zurück zur Preisdiskussion zu kommen: Wir geben nur einen verschwindend geringen Anteil, nämlich knapp elf Prozent, unseres Haushaltseinkommens für Lebensmittel aus – Tendenz sinkend. Damit liegen wir unter dem EU-Schnitt und geben sogar für Hobbies mehr Geld aus. Da gibt es also Luft nach oben: für mehr Wertschätzung und mehr Wertschöpfung!
Kühe auf der Almweide im Gaistal © Michaela Kölle
Land- und Almwirtschaft bringen einen unverzichtbaren Mehrwert für die gesamte Bevölkerung, dieser muss auch in der nächsten GAP-Periode über Förderungen abgegolten werden. © Michaela Kölle
Nachdenklich stimmt auch die Entwicklung im Bereich der Förderungen. Ende 2027 läuft die aktuelle GAP-Förderperiode aus. Für den nachfolgenden mehrjährigen Finanzrahmen stehen gravierende Änderungen im Raum. Was liegt aktuell am Tisch und wo gilt es aus deiner Sicht bei den kommenden Verhandlungen den Fokus zu setzen?

Der aktuelle GAP-Vorschlag ist schlichtweg inakzeptabel. Der Sinn der Förderungen ist es, die von der Landwirtschaft erbrachten Dienstleistungen für Gesellschaft und Tourismus abzugelten. Während alle anderen weiter von den hochwertigen Lebensmitteln und der einzigartigen Kulturlandschaft profitieren, wird wiederum in der Landwirtschaft der Sparstift angesetzt. Angedacht ist eine Kürzung der Mittel für die Landwirtschaft um mindestens 20 Prozent auf ein Budget von zirka 300 Milliarden Euro. Obendrauf kommen die geplanten strukturellen Veränderungen. Die Zwei-Säulen-Struktur soll aufgelöst und die Landwirtschaft gemeinsam mit anderen Bereichen in einem Einzelfonds zusammengefasst werden. Als Folge drohen Verteilungskämpfe um die nicht zweckgewidmeten Mittel zwischen diesen Bereichen. Ob die Bedeutung der Landwirtschaft für die Ernährung und somit die Sicherheit der Gesellschaft dann in politischen Entscheidungen immer angemessen berücksichtigt wird, ist fraglich. Daher ist für mich klar: So nicht! Die Mittel müssen deutlich aufgestockt anstatt gekürzt werden und müssen zweckgebunden der Landwirtschaft zur Verfügung stehen! Denn wenn wir aktuell schon über Sicherheitspolitik diskutieren, muss auch endlich erkannt werden: Eine aktive, produzierende Landwirtschaft trägt einen wesentlichen Teil dazu bei. Versorgungssicherheit wird immer wichtiger, ist aber nicht zum Nulltarif erhältlich.
In der EU-Politik wird auch der Mercosur-Handelspakt heiß diskutiert. Wo stehen wir hier aktuell? Wurde Sicherheit für die heimischen Bäuerinnen und Bauern geschaffen oder ist das Handelsabkommen nach wie vor abzulehnen?

Österreich ist gegen das Abkommen und wird bei diesem „Nein“ bleiben. Auch andere Staaten haben dem Mercosur-Pakt Mitte Dezember eine Absage erteilt, weshalb EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen dessen Abschluss vorerst um einen Monat verschoben hat. Internationale Handelsabkommen brauchen Fairness, Transparenz und Nachhaltigkeit, sie dürfen keinesfalls die heimischen Bäuerinnen und Bauern belasten. Beim Mercosur-Abkommen werden diese Punkte aus unserer Sicht nicht erfüllt. Die LKÖ hat daher unseren Standpunkt in einem Positionspapier festgehalten und dieses bei den Protesten am 18. Dezember der EU-Kommission übergeben. Ohne die entsprechende Sicherheit für unsere Landwirtschaft werden wir keinen internationalen Handelsabkommen zustimmen!
Ein regional spürbares Problem konnte in der EU bereits abgehandelt werden. Der Wolf ist nicht mehr streng geschützt. Jetzt muss das Tiroler Jagdgesetz angepasst werden, um diese Änderung zu nützen. Welche Ziele hat man sich hier für dieses Jahr gesetzt?

Einige unserer wichtigsten Forderungen konnten wir in die Jagdgesetznovelle einbringen. Dazu gehört die Möglichkeit auf Schuss bei Sicht, also dass man einen Wolf, der Nutztieren zu nahe kommt, sofort erlegen darf. Und das gilt nicht nur für den Jagdausübungsberechtigten, sondern auch als betroffener Tierhalter oder -besitzer, sofern man eine gültige Tiroler Jagdkarte und die Erlaubnis des Jagdausübungsberechtigten hat. Diese Änderung wird im Februar im Landtag beschlossen und tritt somit vor dem nächsten Almsommer in Kraft – wir können dann also nicht mehr nur auf Angriffe reagieren, sondern diese aktiv verhindern.
Detail von einem mit Hochwasser überschwemmten Feld © Grander Kopie
Biber verursachen durch ihre Dammbauten teils enorme Schäden an landwirtschaftlichen Flächen und Infrastruktur – ein entsprechendes Management mit Entnahmemöglichkeit ist daher dringend nötig. © Grander Kopie
Nicht nur große Beutegreifer bereiten den Landwirt:innen Sorgen. Immer öfter verursachen auch kleinere Schadtiere wie der Biber oder Fischotter große Schäden in der Landwirtschaft sowie an der Infrastruktur von betroffenen Gemeinden. Wie sollen solche Konflikte in Zukunft gehandhabt werden? Gibt es hier aussichtsreiche politische Bestrebungen nach einer Regulierung mit Entnahmen von Schadtieren?

In punkto Wolf sind wir mit der Novelle zufrieden, die Regelungen zu den angesprochenen Schadtieren entsprechen allerdings bei weitem nicht unseren Forderungen. Biber und Fischotter richten enorme Schäden an, weshalb es auch hier die Entnahmemöglichkeit braucht. Grundlage dafür ist ein fix eingerichtetes Management der Tierart. Beim Biber wird diese Voraussetzung bereits erfüllt, beim Fischotter noch nicht. Hier gilt es nachzuziehen und dann ein wirkliches Management mit Bestandsregulierung durchzusetzen. Aktuell laufen dazu innerkoalitionäre Gespräche. Als Interessenvertretung werden wir uns hier auch weiterhin verstärkt für das Thema einsetzen, damit bei der Abstimmung zur Jagdgesetznovelle im Februar die Schadtiere entsprechend berücksichtigt werden. Die Realität ist, dass es Entnahmemöglichkeiten braucht – und dieser Realität muss Rechnung getragen werden!
Kommentar-Josef-Hechenberger.jpg © Die Fotografen
"Oberstes Ziel ist der Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen und in weiterer Folge der Betriebe!"
Abseits von großen Beutegreifern und Schadtieren gefährden auch Tierseuchen die landwirtschaftlichen Betriebe. Hat man aus dem seuchentechnisch sehr aufregenden vergangenen Jahr gelernt und ist nun gut vorbereitet, falls es wieder zu Krankheitsausbrüchen kommt?

Trotz zahlreicher ernstzunehmender Seuchen vor den Toren Österreichs konnte ein Ausbruch der Rinderkrankheiten MKS und LSD hierzulande abgewendet werden. Einen wesentlichen Beitrag leistete im Zusammenhang mit der MKS das Bundesheer. Die konsequent durchgeführten Desinfektionsmaßnahmen an den Landesgrenzen trugen wesentlich dazu bei, dass eine Einschleppung der Krankheit verhindert wurde. In Zukunft kommen wir aber um höhere Investitionen zum Schutz vor Seuchen nicht herum. Wo immer die Möglichkeit besteht, empfehlen wir den Bäuerinnen und Bauern, Impfungen in Absprache mit der Hoftierärztin bzw. dem Hoftierarzt durchzuführen. Sie können Ansteckungen verringern, Symptome lindern und dadurch einerseits die Krankheitsausbreitung bremsen, andererseits die Betriebe vor großen wirtschaftlichen Schäden bewahren. Speziell im Bezirk Landeck hat TBC eine große Bedeutung. Hier braucht es intensiven Austausch und gute Partnerschaft mit den Jägerinnen und Jägern. Um die Rinderbestände zu schützen, müssen die Rotwildbestände entsprechend reguliert werden. Auf Landesebene behalten wir die Situation genau im Auge und unterstützen die Zusammenarbeit mit der Jägerschaft. Langfristig muss unser oberstes Ziel bleiben, den Status „seuchenfrei“ zu erhalten. Er ist der Garant für den erfolgreichen Tiroler Zuchtviehexport und generell von großer wirtschaftlicher Bedeutung für unsere Betriebe.
In Österreich und vor allem in Tirol muss man auch die fortschreitende Bodenversiegelung als Gefahr für die landwirtschaftliche Produktion im Auge behalten. Immer wieder machen beispielsweise fragwürdige Umwidmungen von landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen Schlagzeilen. Nicht nur die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen müssen für unsere Betriebe passen, auch eine entsprechende Flächenausstattung ist unerlässlich. Wie stehst du zu immer wieder vorkommenden Umwidmungen von landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen?

Die fortschreitende Bodenversiegelung ist etwas, das die Kammer als Interessenvertretung und auch ich persönlich strikt ablehnen. Der Boden ist eines unserer wertvollsten Güter, ohne diesen wäre die landwirtschaftliche Produktion und Versorgung der Bevölkerung schlicht unmöglich. Vorsorgeflächen sollten einen wesentlichen Schutzmechanismus darstellen, leider wird dieser immer wieder ausgehebelt. Bauen auf der grünen Wiese ist weder nötig noch sinnvoll, wenn landesweit nicht genutzte versiegelte Flächen und leerstehende Gebäude revitalisiert werden könnten. Landwirtschaftsminister Totschnig stellte dafür 2025 ein KI-Tool vor, welches solche Realitäten erkennt und ausweist – funktioniert das System in der Praxis zuverlässig, wäre das der erste sinnvolle Ansatzpunkt. Oberstes Ziel ist der Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen und in weiterer Folge der Betriebe!
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