Hohes Konfliktpotenzial
Worauf Landwirt:innen schon seit längerem aufmerksam machen, konnte nun auch in der Studie „Projekt Lebensraum- und Konfliktpotentialmodell für den Wolf (Canis Lupus) in Österreich“ belegt werden: In dicht besiedelten und nahezu flächendeckend landwirtschaftlich genutzten Regionen führt die Rückkehr des Wolfes unausweichlich zu Konflikten. Dass dies nun auch durch eine wissenschaftliche Arbeit belegbar ist, hilft Vertreter:innen der Landwirtschaft in der Argumentation politischer Forderungen nach entsprechenden Monitoring- und Management-Maßnahmen. Durchgeführt wurde die Studie über den Zeitraum eines Jahres unter der Leitung von Jennifer Hatlauf an der Universität für Bodenkultur in Wien.
										Wachsende Wolfspopulation
Die schnell wachsende Zahl an Wölfen innerhalb Europas zeigt, dass ein Aussterben der Art nicht zu befürchten und der vielseits geforderte gute Erhaltungszustand längst erreicht ist. 2023 wurde die Bestandszahl auf 21.500 Tiere geschätzt, die Zuwachsraten auf bis zu 30 Prozent. Auch die Risszahlen steigen: Im Westen Österreichs von 340 gerissenen Weidetieren im Jahr 2024 auf 224 alleine bis August im heurigen Jahr. Rissgeschehen in unmittelbarer Nähe zum Siedlungsraum sorgen zudem für wachsende Besorgnis der Bevölkerung im ländlichen Raum.
										Erfolge und Ziele
Die Folgen der Rückkehr der Wölfe zeigten sich im landwirtschaftlichen Sektor bereits früh, weshalb sich Vertreter:innen seit Jahren für Möglichkeiten zur Entnahme von Wölfen einsetzen. Der permanente Hinweis auf immer mehr werdende Schäden durch Wölfe und die Bewusstseinsbildung über das hohe Konfliktpotential ermöglichte heuer die Herabsenkung des Schutzstatus des Wolfes in der Berner Konvention und der FFH-Richtlinie – ein Durchbruch, welcher lange als unmöglich galt. Diese Änderung ist der erste Schritt in Richtung durchgängige Bejagung, wie LK-Präsident Josef Hechenberger ausführt: „Ohne eine Absenkung des Schutzstatus wäre eine solche Bejagung schlicht unmöglich gewesen. In enger Zusammenarbeit mit dem Land Tirol konnten wir zur Überbrückung glücklicherweise die Maßnahmenverordnungen einführen, jetzt ist es aber an der Zeit, neue Management-Maßnahmen umzusetzen. Wir fordern schon länger eine Ausweitung der rechtlichen Möglichkeiten und haben bereits Vorschläge für die angekündigte Novelle zum Tiroler Jagdgesetz erarbeitet. Oberstes Ziel muss es sein, vom Erfordernis der Entnahmeverordnungen weg zu kommen und eine Bejagung zu ermöglichen, noch bevor es zu Rissen kommt. Eine solche ist unbedingt nötig, um Tierleid zu verhindern, die Wirtschaftlichkeit der Betriebe und somit deren Existenz, unsere Kulturlandschaft und regionale Lebensmittelversorgung abzusichern. Die geforderte Gesetzesnovelle muss diese Möglichkeit schaffen und dabei lückenlose rechtliche Sicherheit gewährleisten. Überstürzte, mangelhaft überprüfte Forderungen bringen uns hier nicht weiter, es braucht eine sorgfältige und detaillierte rechtliche Ausarbeitung. Unser Ziel ist es, dass wir zu Beginn des nächsten Almsommers ein vorausschauendes Wolfsmanagementsystem haben, das der Realität auf unseren Höfen gerecht wird!“
In dieselbe Kerbe schlägt auch Landwirtschafts- und Umweltminister Norbert Totschnig: „Das Großraubtier Wolf ist nicht mehr vom Aussterben bedroht. Angesichts zunehmender Konflikte mit dem Menschen gilt es nun, die Balance in der Natur- und Kulturlandschaft aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass der Wolf seine natürliche Scheu vor dem Menschen nicht verliert. Dort, wo der Wolf für Konflikte sorgt, benötigen wir auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse praktikable Lösungen und Dialog statt Polarisierung. Am Ende braucht es ein aktives Management.“
Auch Tiroler Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler unterstützt die Forderungen der Landwirtschaft: „Der Wolf kennt keine Landesgrenzen – darum braucht es beim Management auch eine gemeinsame, überregionale Herangehensweise. Das Konfliktpotenzial im dicht besiedelten Raum ist langfristig zu groß.“
										Wichtige Ergebnisse
Nach der erfolgten Absenkung des Schutzstatus auf europäischer Ebene müssen jetzt auf nationaler Ebene die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden, indem man die Naturschutz- und Jagdgesetze entsprechend anpasst. Dafür braucht es die Einrichtung und Etablierung eines aktiven Wolfmonitorings über Österreichs Grenzen hinaus, um den günstigen Erhaltungszustand des Wolfes im Alpenraum nachzuweisen. Diese langjährige Forderung wird von der Studie jetzt auch bestätigt und die Ergebnisse daraus schaffen eine erste Grundlage. Mithilfe des „Kombinationsmodells“ aus einer Karte zu geeignetem Lebensraum und einer zweiten zu Regionen mit höherem Konfliktpotential konnte festgestellt werden, dass zwar einige Gebiete als Lebensraum in Frage kämen, gleichzeitig jedoch ein hohes Konfliktpotential vor allem mit der Berglandwirtschaft weiterhin zu erwarten ist.