Die Landwirtschaftskammer informiert jährlich im Rahmen von Presseterminen über die Land- und Forstwirtschaft in den einzelnen Tiroler Bezirken. Beim diesjährigen Besuch des Bezirks Kitzbühel, in den Ortschaften Brixen im Thale und Kitzbühel, bot sich ein vielfältiger Einblick in die regionale Landwirtschaft.
Stefan Hechenberger hat 2013 den „Schusterbauer“ in Brixen im Thale übernommen, früher wurde hier Milchvieh gehalten.
Als eine Investition in das Stallgebäude nötig wurde, entschied sich Hechenberger 2016 dazu, auf die Mast von Rindern umzusteigen. Im Liegeboxenlaufstall, welcher 2020 gebaut wurde, stehen daher jetzt zirka 50 Stück Rinder, im Sommer wird zudem eine Eigenalm genutzt.
Die Betriebsumstellung bereut Hechenberger bis heute nicht: „Aufgrund der bevorstehenden Veränderungen wäre die Haltung von Milchkühen nicht mehr umsetzbar gewesen. Als dann der Umbau des Stalles nötig wurde, war für mich klar, dass ich den Betrieb neu ausrichten muss. Die Aufzucht und Mast von Rindern mit der Vermarktung über das Projekt ‚Almrind‘ passt für mich perfekt. Der Arbeitsaufwand hat sich insgesamt reduziert – glücklicherweise werde ich jedoch trotzdem fleißig unterstützt, das erleichtert die Betriebsführung natürlich! Ganz besonders schätze ich, dass meine Kinder mit der Landwirtschaft aufwachsen können, ich zugleich aber auch Zeit habe, die ich ausschließlich meiner Familie widmen kann.“
Lebensqualität als Grundvoraussetzung
Maria Burgmann, stellvertretende Bezirksbäuerin, wies darauf hin, dass nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Leben am Hof wichtig sind, sondern auch die Lebensqualität. Es kommt unter anderem auf die Pflege der zwischenmenschlichen Beziehungen an: „So schön und erfüllend ein Familienbetrieb ist, kann das Zusammenleben und -arbeiten doch einige Herausforderungen mit sich bringen. Um diese zu bewältigen, hilft vor allem eines – Kommunikation. Das Hofübergabeseminar des Projektes ‚Lebensqualität Bauernhof‘ lieferte mir persönlich dafür viele ‚Schubser‘ für die Praxis. Da das soziale Miteinander ein ständiger Lernprozess ist, kann ich jeder und jedem empfehlen, das umfangreiche und wertvolle Kursangebot von LQB zu nutzen – für sich selbst und für die ganze Familie!“
Absicherung durch Diversifizierung
Am Betrieb „Höglern“ in Kitzbühel halten Andreas Feller und seine Frau Marlene zirka 100 Stück Holstein-Rinder, davon rund 50 Milchkühe, welche seit zehn Jahren von einem Melkroboter gemolken werden. Die Betriebsführer ziehen eine positive Bilanz: „Der Melkroboter ist täglich im Einsatz und nimmt uns viel Arbeit ab. Es gibt natürlich Verschleißteile, die immer wieder getauscht werden müssen, aber eine größere Reparatur war bislang noch nie nötig.“ Um den Stalldurchschnitt von 12.000 Litern zu erreichen, wird mittels stationärem Futtermischwagen eine angepasste Ration zusammengestellt. Die Photovoltaikanlage mit 35 kW Peak und 80 kW Speicher deckt den betrieblichen Strombedarf. Trotz der Automatisierung verbringen die Betriebsführer viel Zeit beim Vieh, denn die Mensch-Tier-Beziehung sowie ein guter Überblick über die Herde sind ihnen wichtig. Es werden zudem 40 Hektar Grünland und Mais selbst bewirtschaftet. Außerdem arbeiten die beiden auch noch im eigenen Transport- und Lohnunternehmen, unterstützt werden sie hier seit 2011 von einer zusätzlich beschäftigten Arbeitskraft.
Vielfalt im Bezirk
Bezirksobmann Josef Fuchs gab einen Überblick über die Zahlen in der Landwirtschaft im Bezirk Kitzbühel: „Wir haben 1.301 Betriebe im Bezirk Kitzbühel, davon sind 514 Biobetriebe. Bewirtschaftet werden zirka 34.500 Hektar, da sind auch die Almen dabei. Wir haben rund 34.000 Rinder, 1.020 Schweine, 45.084 Stk. Geflügel, 1.326 Pferde, Ponys und Esel, 3.595 Schafe und 1.744 Ziegen. Die Nutztierhaltung wird allerding immer stärker durch große Beutegreifer gefährdet. Ich unterstütze daher die Forderung nach einer ganzjährigen Bejagbarkeit des Wolfes, um Risse zu verhindern. Auch Grund und Boden geraten vermehrt unter Druck und müssen geschützt werden. Bauprojekte wie in Unterbürg entziehen nicht nur den Bauern und Bäuerinnen die wirtschaftliche Grundlage, sondern gefährden letztendlich die Lebensmittelversorgung und damit die Lebensgrundlage der gesamten Bevölkerung.“
Projekt Almrind
Das erfolgreiche Qualitätsfleischprogramm „Qualität Tirol“ Almrind wurde 2019 in enger Zusammenarbeit mit der Rinderzucht Tirol und der Agrarmarketing Tirol gestartet.
Die in Tirol geborenen und geschlachteten Ochsen und Kalbinnen dürfen hierfür maximal 30 Monate alt sein und müssen mindestens einen Sommer auf der Alm verbracht haben. Zertifizierungen und unabhängige Kontrollen bilden die Grundlage für Wirtschaftlichkeit, Tierwohl und eine nachvollziehbare Herkunft der Rinder. Jährlich werden in etwa 1.200 Stück Almrinder über Spar und das Tann Werk in Wörgl vermarktet.