Verhandlung ÖBB-Neubaustrecke
Das Projekt rund um die für den Zulauf zum Brenner Basistunnel benötigte neue Bahntrasse im Tiroler Unterland wurde im Jahr 2021 laut Bescheid des Ministeriums grundsätzlich als umweltverträglich eingestuft. Darauf aufbauend erstellte die ÖBB eine Detailplanung, die vergangene Woche im Kufsteiner Stadtsaal mündlich verhandelt wurde. In Anwesenheit von Planern der ÖBB, Vertreter:innen des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie mehr als 20 Sachverständigen, Vertreter der LK Tirol und Gemeinden sowie Grundbesitzer:innen und Vertreter:innen von Bürgerinitiativen wurden eingebrachte Sachverhalte behandelt. Zudem hatten alle Verhandlungsteilnehmer:innen die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben.
Ausgleichsflächen sorgen für Kritik
Die Landwirtschaftskammer Tirol begleitet die betroffenen Grundeigentümer:innen seit Projektbeginn und konnte bei der Heranziehung von Ausgleichsflächen einige Verbesserungen erreichen. Auch vergangene Woche hat die LK erneut Einwendungen eingebracht. Besonders die Ausweisung von ökologischen Ausgleichsflächen sorgt für Kritik. „Land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Planungsbereich sind unverhältnismäßig stark und erheblich von der Ausgleichsflächenplanung betroffen, wohingegen öffentliche Flächen nicht berührt werden, geschweige denn Eigenflächen der ÖBB herangezogen werden“, unterstreicht LK-Präsident Josef Hechenberger, stellt aber auch klar: „Der Ausbau des Schienenverkehrs ist grundsätzlich zu begrüßen. Nur geht es hier um Existenzen, die auf dem Spiel stehen.“ Kritik gibt es auch an der fehlenden Berücksichtigung der Wertigkeit des Bodens als Produktionsgrundlage. „Fruchtbare Böden sind nicht vermehrbar, sondern begrenztes Gut und sollten deshalb als öffentliches Interesse gesehen werden. Nach dem UVP-Gesetz müssen für jedes Schutzgut Ausgleichsflächen bereitgestellt werden. Für Böden gilt das nicht. In Summe werden mit dem Projekt allein zwölf Hektar fruchtbarer landwirtschaftlicher Boden für immer verloren gehen – ohne ausgeglichen zu werden. Darüber hinaus gehen auch erhebliche forstwirtschaftlichen Flächen verloren. Dies stellt die Produktionsgrundlage für einen durchschnittlichen Tiroler Bauernhof dar und ist die Nahrungsgrundlage für 70 bis 120 Menschen – Jahr für Jahr“, hebt Hechenberger hervor. Die Landwirtschaftskammer hat der ÖBB bei der Findung nach alternativen Flächen ihre Unterstützung angeboten.
Alle Sachverständigen bescheinigten dem Projekt in der mündlichen Verhandlung in Kufstein, dass es grundsätzlich umweltverträglich ist. Aufgrund des strikten UVP-Gesetzes ist damit zu rechnen, dass das Ministerium das eingereichte Projekt der ÖBB auch im Detail genehmigt. Es gilt bis zum Schluss von Seiten des Landes Tirol und der Landwirtschaftskammer auf die ÖBB Infrastruktur AG einzuwirken, dass Enteignungsverfahren in weiterer Folge vermieden werden können.
Zum Projekt
Den Trassenverlauf für die Neubaustrecke Schaftenau – Knoten Radfeld haben die ÖBB gemeinsam mit den Gemeinden bereits in den Jahren 2006 bis 2009 grundsätzlich erarbeitet. 2016 erfolgte der Planungsstart zur Erlangung der UVP-Grundsatzgenehmigung. Ab 2018 wurden Erkundungsbohrungen sowie die Errichtung von Messstationen und geologische Begehungen – für die Einreichung zum Umweltverträglichkeitsprüfung-Verfahren (UVP) – durchgeführt. Die öffentliche mündliche Verhandlung des Vorhabens hat das Ministerium im Herbst 2020 in Form einer „Videokonferenz“ durchgeführt. Mit behandelt wurde dabei auch die Genehmigung für vorgezogene Baumaßnahmen zur Herstellung eines Rohbaustollens. 2021 startete die Detailplanung für das Vorhaben. Beim Rohbautunnel in Angath wurde bereits im vergangenen Jahr mit der Errichtung von Behelfsstraßen und Hangsicherungen begonnen.