Umfangreicher Rück- und Ausblick
Einmal jährlich veranstalten die Landwirtschaftskammer und die Landarbeiterkammer einen gemeinsamen Vormittag zum inhaltlichen Austausch. Dieses Jahr war TIWAG-Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser als Referent zu Gast. Angesichts der rasanten Preisentwicklungen der vergangenen Monate gab er Einblick in die Märkte und die Hintergründe der Energiekrise. Er stellte vor allem klar, dass die Energieversorgung über komplexe, europäische Märkte abgewickelt wird und daher eine Problemlösung alleine auf regionaler Ebene nicht möglich sei: „Energiesysteme sind träge Systeme. Änderungen brauchen lange bis sie wirken, daher braucht es eine gesamthafte Weiterentwicklung dieser Systeme. An einzelnen Stellschrauben zu drehen, genügt nicht“, stellte Entstrasser klar. Aufgrund der lediglich bedingten Speicherfähigkeit von Strom sei auch der Begriff „Energieautarkie“ mit Vorsicht zu verwenden, gerade angesichts des steigenden Bedarfes. Sparmaßnahmen und steigende Energieeffizienz werden den vermehrten Energiebedarf durch die zunehmende Elektrifizierung nicht auffangen können. Daher ist für Entstrasser klar: „Die Diskussion, ob wir mehr Photovoltaik, Wasser- oder Windkraftwerke benötigen, brauchen wir nicht führen, denn wir werden jedes kleine Kraftwerk brauchen. Entscheidend ist, dass die Energie aus den erneuerbaren Quellen dann zu Verfügung steht, wenn sie gebraucht wird.“
In einer Diskussion wurden verschiedene Aspekte der Energiepolitik, auch auf kommunaler Ebene, angesprochen. Wie vielfältig und komplex dieses Thema ist, hob LAK-Präsident Andreas Gleirscher in seiner abschließenden Zusammenfassung hervor und dankte zugleich Entstrasser für seine spannenden Einblicke: „Diese Ausführungen haben deutlich gemacht, dass wir viele Hausaufgaben zu erledigen haben und ich hoffe, dass alle Anwesenden diese Informationen in ihre Bereiche mitnehmen und weitertragen.“
Viele Ebenen
Am Nachmittag fand die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer statt. Präsident Hechenberger konnte neben Vertretern der Aufsichtsbehörde auch die LH-Stv. Josef Geisler und Georg Dornauer, NR Hermann Gahr und Ehrenringträger Richard Norz begrüßen.
In seinem einleitenden Bericht gab Hechenberger einen Überblick über Themen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. „Besonders positiv bewerte ich den guten Zuspruch zur land- und forstwirtschaftlichen Ausbildung. Auch heuer haben motivierte Facharbeiterinnen und Facharbeiter ihren Abschluss gemacht, das ist ein wichtiger Aspekt für die Absicherung unserer Betriebe. Ebenso wichtig ist, dass entsprechende Preise für unsere Produkte erzielt werden. Derzeit ist die Marktsituation zufriedenstellend, auch wenn die gestiegenen Produktionskosten nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Damit wir noch besser kommunizieren, wie unsere Betriebe arbeiten, wurde das System der AMA-Marketingbeiträge auf neue Beine gestellt. Das ist auch wichtig, damit die Landwirtschaft und ihre Leistungen noch sichtbarer werden – gerade angesichts einiger Entwicklungen auf EU-Ebene. Es darf nämlich nicht sein, dass der europäischen Landwirtschaft mit immer neuen bzw. strengeren Verordnungen Steine in den Weg gelegt werden, während Importen aus nicht nachvollziehbarer Produktion über diverse Abkommen Tür und Tor geöffnet wird!“ Als positiv bewertete Hechenberger die kürzlich erfolgte Abstimmung im EU-Parlament zu Großraubtieren: „Dieses klare Signal ist erfreulich und zeigt, dass die Probleme der vergangenen Jahre in Brüssel angekommen sind. Wir werden daher nicht müde, mit allen relevanten Partnern weiter an einer praxistauglichen Lösung zu arbeiten. Dazu zählt auch, dass wir auf Bundesebene beim Monitoring besser werden und auf Landesebene den Mut haben, die Möglichkeiten auszuschöpfen.“
Erfolgreiches Jubiläumsjahr
Vizepräsidentin Helga Brunschmid zog in ihrem Bericht Bilanz über das 60-Jahr-Jubiläum der Tiroler Bäuerinnen, das heuer mit einer Vielzahl an Veranstaltungen gefeiert wurde. Zudem wurden wieder verschiedene Aktionen zur Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung organisiert. Außerdem arbeiten die Bäuerinnen weiter an dem Thema „Kinderbetreuung am Bauernhof“, das ein weiteres Standbein für einige Betriebe sein kann.
2023 widmen sich die Bäuerinnen dem Thema der „selbstbewussten Bäuerin“, wobei sie auch zum Jahresthema der
LK Tirol, nämlich Klimawandel, Veranstaltungen planen.
Brunschmid zog außerdem Bilanz über die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Tätigkeit der insgesamt acht Fachausschüsse der LK: „Diese Ausschüsse sind die Vorläuferinnen der Vollversammlung, bei denen sich alle Mitglieder einbringen und Inhalte gestalten können. Ich danke allen, die sich dort intensiv einbringen und damit wichtige inhaltliche Arbeit für die Interessenvertretung
leisten!“
Anpassungen nötig
Nach dem Bericht von Kammerdirektor Ferdinand Grüner und Finanzreferent Alexander Berger wurden einige notwendige, geringfügige Anpassungen beschlossen. So wurde der Mitgliedssockelbetrag um zehn Euro angehoben und einige Elemente im LK-Leistungskatalog moderat angepasst. Das sei laut Kammerdirektor Grüner unbedingt nötig, denn: „Diese Sätze wurden seit geraumer Zeit nicht mehr erhöht. Aber auch die Kammer muss die gestiegenen Kosten im Budget unterbringen und daher ist diese Anpassung wichtig.“ (Die Anpassungen werden im neuen Jahr in einem separaten Artikel dargestellt.)
Zahlreiche Anträge
In einem eigenen Tagesordnungspunkt wurden sämtliche eingebrachten Anträge des Unabhängigen Bauernverbandes und der Grünen Bäuerinnen und Bauern behandelt. Ein Großteil der Inhalte wurde an die zuständigen Ausschüsse weitergeleitet, da dort mehr Zeit für eine intensive inhaltliche Diskussion vorhanden ist. So werden beispielsweise auch Rahmenbedingungen für die Gestaltung fraktioneller Beiträge in den Landwirtschaftlichen Blättern im Ausschuss ausgearbeitet.
Verdiente Anerkennung
Als abschließenden Höhepunkt wurden verdiente Funktionäre für ihren Einsatz ausgezeichnet. Bio-Pionier Heinz Gstir erhielt für seine Verdienste das Goldene Ehrenzeichen der Landwirtschaftskammer. „Du warst der, der den Biolandbau in Tirol maßgeblich geprägt und weiterentwickelt hat. Du warst ein Vordenker für die standortangepasste Landwirtschaft und hast es verstanden, Ökologie und Ökonomie unter einen Hut zu bringen. Ich danke dir herzlich für deine Arbeit, die wichtige Weichen gestellt hat“, hob Präsident Hechenberger hervor.
Auch dem ehemaligen Vizepräsidenten und Bezirksobmann von Kitzbühel, Josef Heim, wurde Dank für seinen Einsatz ausgesprochen. Vizepräsidentin Helga Brunschmid, die mehr als 20 Jahre gemeinsam auf Ortsebene mit Heim zusammengearbeitet hat, hob hervor: „Sepp war einer, der überall aktiv war. Er hat auch viele motiviert, Aufgaben zu übernehmen – so auch mich. Er war einer meiner Mentoren und ich bedanke mich herzlich für die tolle Zusammenarbeit und seinen Einsatz!“