Pinnistal-Verfahren abgeschlossen
Der OGH hat das Pinnistal-Urteil des OLG bestätigt. Nach strafrechtlichem Freispruch und einem zivilrechtlichen Prozess über alle Instanzen wurde dem betroffenen Landwirt eine Teilschuld zugesprochen.
„Obwohl wir uns einen anderen Ausgang erhofft hätten, sind wir von diesem Urteil nicht überrascht“, erklärt LK-Präsident Josef Hechenberger. Ihm ist aber wichtig zu betonen, dass das nun gesprochene Urteil eine Einzelfallentscheidung ist und auf einer mittlerweile veralteten Rechtslage beruht: „Der Unfall im Jahr 2014 war ein äußerst tragisches, bedauernswertes Ereignis. Seitdem hat sich viel getan und es wurde auf den verschiedensten Kanälen über das richtige Verhalten auf unseren Almen informiert. Außerdem wurden inzwischen wichtige rechtliche Weichen gestellt, um die Almwirtschaft auch künftig zu ermöglichen, ohne dass sich die Bäuerinnen und Bauern vor einer Klageflut fürchten müssen. Die Eigenverantwortung von Almbesuchern wurde gestärkt und klare Verhaltensregeln festgelegt, Änderungen im ABGB und Almschutzgesetz wurden getroffen. Außerdem gibt es eine Versicherungslösung, die die Bauern im Ernstfall zusätzlich absichert.“
Pinnisalm-Urteil: Warum bleibt es bei einer Haftung des Almbauern?
Der Oberste Gerichtshof in Wien hat mit Beschluss vom 30.04.2020 die Revisionen sowohl der Kläger (Witwer und Sohn) als auch des Beklagten mangels erheblicher Rechtsfragen zurückgewiesen.
Damit wurde das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 02.08.2019 durch die letzte Instanz in Zivilgerichtssachen bestätigt. Das Gerichtsverfahren zum Vorfall auf der Pinnisalm im Jahr 2014 ist nun endgültig abgeschlossen, es gibt kein weiteres Rechtsmittel mehr. Zur Erinnerung: Das Landesgericht Innsbruck verurteilte am 20.02.2019 den Almbauern zu einer Schadenersatzzahlung an den Witwer und den Sohn der Verunfallten von einmalig ca. € 180.000 und lebenslangen monatlichen Renten von zusammen rund € 1.550. Außerdem sollte er für alle zukünftigen Ansprüche aus dem Unfall haften. Der Bauer ging in Berufung, aber das Oberlandesgericht Innsbruck gab ihm mit seinem Urteil vom 02.08.2019 nur teilweise Recht. Die Berufungen waren ausschließlich der Höhe nach erfolgreich. Das heißt in finanzieller Hinsicht wurden die Forderungen der Hinterbliebenen aufgrund der Mitschuld der Wanderin um 50 % gekürzt, die Haftung des Almbauern aber dem Grunde nach aufgrund der Tierhalterhaftung des § 1320 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) vom Oberlandesgericht bestätigt.
Daran hat der Oberste Gerichtshof in seiner aktuellen Entscheidung nichts geändert. Es bleibt ebenso bei einer Verschuldens teilung zwischen Bauer und Wanderin von 50:50. Nach dem Oberlandesgericht sah es auch der Oberste Gerichtshof als erweisen an, dass der Bauer die ihn gemäß 1320 ABGB treffenden Pflichten als Tierhalter nicht nur objektiv, sondern auch schuldhaft verletzt hat.
Folgende Punkte führten zu einer Haftung des Bauern:
Der Oberste Gerichtshof ist an die Feststellung des Erstgerichtes gebunden. Insofern wird ein Gerichtsverfahren in I. Instanz gewonnen oder verloren.
Abschließend betont der Oberste Gerichtshof, dass ein Aufstellen von Warnschildern nicht generell ausreicht und Wanderwege ausnahmsweise auf gewissen Abschnitten auch abgezäunt werden müssen: Wenn im Einzelfall eine besondere Gefahrensituation besteht und diese – wie beim Vorfall auf der Pinnisalm – in örtlicher Hinsicht eingegrenzt werden kann, so sind auch im Almgebiet erhöhte Anforderungen an die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung zu stellen und zumutbare zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu fordern. Keine Änderungen gab es auch auf Seiten der Wanderin: Sie hat ihre Pflichten als Hundehalterin in einigen Punkten missachtet. Dieses Fehlverhalten der verunglückten Wanderin begründet ein Mitverschulden von 50 %. Alle Gerichte haben ihre Urteile in diesem Fall nach der alten Rechtslage gesprochen, weil die erreichten Änderungen im Haftungsrecht erst für Vorfälle ab dem 24. Juli 2019 gelten! Nach der neuen Rechtslage hätte die Wanderin deutlich mehr Eigenverantwortung getroffen.
Damit wurde das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 02.08.2019 durch die letzte Instanz in Zivilgerichtssachen bestätigt. Das Gerichtsverfahren zum Vorfall auf der Pinnisalm im Jahr 2014 ist nun endgültig abgeschlossen, es gibt kein weiteres Rechtsmittel mehr. Zur Erinnerung: Das Landesgericht Innsbruck verurteilte am 20.02.2019 den Almbauern zu einer Schadenersatzzahlung an den Witwer und den Sohn der Verunfallten von einmalig ca. € 180.000 und lebenslangen monatlichen Renten von zusammen rund € 1.550. Außerdem sollte er für alle zukünftigen Ansprüche aus dem Unfall haften. Der Bauer ging in Berufung, aber das Oberlandesgericht Innsbruck gab ihm mit seinem Urteil vom 02.08.2019 nur teilweise Recht. Die Berufungen waren ausschließlich der Höhe nach erfolgreich. Das heißt in finanzieller Hinsicht wurden die Forderungen der Hinterbliebenen aufgrund der Mitschuld der Wanderin um 50 % gekürzt, die Haftung des Almbauern aber dem Grunde nach aufgrund der Tierhalterhaftung des § 1320 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) vom Oberlandesgericht bestätigt.
Daran hat der Oberste Gerichtshof in seiner aktuellen Entscheidung nichts geändert. Es bleibt ebenso bei einer Verschuldens teilung zwischen Bauer und Wanderin von 50:50. Nach dem Oberlandesgericht sah es auch der Oberste Gerichtshof als erweisen an, dass der Bauer die ihn gemäß 1320 ABGB treffenden Pflichten als Tierhalter nicht nur objektiv, sondern auch schuldhaft verletzt hat.
Folgende Punkte führten zu einer Haftung des Bauern:
- Die Mutterkühe des Bauern sind im Unterschied zu „reinem Milchvieh“ mit einem stärker ausgeprägten Mutterinstinkt ausgestattet und reagieren bei einer Annäherung von Menschen und/oder Tieren an deren Kälber vergleichsweise früh und aggressiv.
- Dem Bauern war schon vor dem Vorfall am 28.07.2014 bekannt, dass seine Mutterkühe im Almsommer 2019 auf der Pinnisalm darüber hinaus besonders unruhig und aggressiv waren, wenn sich Hunde in der Nähe befanden.
- Die Weide der Mutterkühe befand sich in einem neuralgischen Bereich um die Almgebäude und neben dem Gasthaus. Das ist der Bereich, der im gesamten Weidegebiet am stärksten von Wanderern und Kühen gleichermaßen frequentiert wurde.
- Ein zweigliedriger Elektrozaun in diesem neuralgischen Bereich beim Gasthof hätte den Kuhangriff verhindert.
- Der Aufwand zum Aufstellen eines Zaunes in diesem Bereich war vergleichsweise gering, auch im Hinblick darauf, dass der Bauer an anderen Stellen auf der Pinnisalm aus viehwirtschaftlichen Gründen selber Abzäunungen vorgenommen hat.
Der Oberste Gerichtshof ist an die Feststellung des Erstgerichtes gebunden. Insofern wird ein Gerichtsverfahren in I. Instanz gewonnen oder verloren.
Abschließend betont der Oberste Gerichtshof, dass ein Aufstellen von Warnschildern nicht generell ausreicht und Wanderwege ausnahmsweise auf gewissen Abschnitten auch abgezäunt werden müssen: Wenn im Einzelfall eine besondere Gefahrensituation besteht und diese – wie beim Vorfall auf der Pinnisalm – in örtlicher Hinsicht eingegrenzt werden kann, so sind auch im Almgebiet erhöhte Anforderungen an die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung zu stellen und zumutbare zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu fordern. Keine Änderungen gab es auch auf Seiten der Wanderin: Sie hat ihre Pflichten als Hundehalterin in einigen Punkten missachtet. Dieses Fehlverhalten der verunglückten Wanderin begründet ein Mitverschulden von 50 %. Alle Gerichte haben ihre Urteile in diesem Fall nach der alten Rechtslage gesprochen, weil die erreichten Änderungen im Haftungsrecht erst für Vorfälle ab dem 24. Juli 2019 gelten! Nach der neuen Rechtslage hätte die Wanderin deutlich mehr Eigenverantwortung getroffen.
Das für die Alm- und Weidewirtschaft nach dem Vorfall am 28.07.2014 bisher Erreichte in der Zusammenfassung:
Änderung § 1320 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch
Änderung der Tierhalterhaftung im ABGB:
Die Bestimmung zur Tierhalterhaftung im § 1320 Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch wurde mit dem Haftungsrechtsänderungsgesetz 2019 erweitert. Erstmals ist im Haftungsrecht die „erwartbare Eigenverantwortung“ der Besucher von Almen und Weiden verankert. Die neue Eigenverantwortung richtet sich nach den durch die Alm- und Weidewirtschaft drohenden Gefahren, der Verkehrsübung und anwendbaren Verhaltensregeln. Die neue Rechtslage gilt für alle Schadensereignisse, die nach dem 24.07.2019 eingetreten sind.
Link zur ABGB Änderung
Die Bestimmung zur Tierhalterhaftung im § 1320 Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch wurde mit dem Haftungsrechtsänderungsgesetz 2019 erweitert. Erstmals ist im Haftungsrecht die „erwartbare Eigenverantwortung“ der Besucher von Almen und Weiden verankert. Die neue Eigenverantwortung richtet sich nach den durch die Alm- und Weidewirtschaft drohenden Gefahren, der Verkehrsübung und anwendbaren Verhaltensregeln. Die neue Rechtslage gilt für alle Schadensereignisse, die nach dem 24.07.2019 eingetreten sind.
Link zur ABGB Änderung
Empfehlung von 10 Verhaltensregeln für Besucher von Almen durch das Bundesministerium
Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus hat unter Mitwirkung von Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer sowie Alpenverein 10 Verhaltensregeln veröffentlicht. Besucher von Almen und Weiden sollen sich daran orientieren: www.sichere-almen.at/
Empfehlung eines Standards für die Alm- und Weidewirtschaft durch die Landwirtschaftskammer Österreich und die Almwirtschaftsvereine
Die Landwirtschaftskammer Österreich und die Almwirtschaftsvereine haben mit dem Standard für die Alm- und Weidewirtschaft ein Hilfsmittel für alle Tierhalter, Almbewirtschafter und Hirten erarbeitet, an dem sich die Tierhalter orientieren sollen: www.sichere-almen.at/
Änderung Tiroler Almschutzgesetz
Der Tiroler Landtag hat mit einer neuen Bestimmung des § 5 im Tiroler Almschutzgesetz erstmals Verhaltensregeln für Besucher von Almen eingefügt. Diese haben sich so zu verhalten, dass der Almbetrieb nicht beeinträchtigt und insbesondere das Weidevieh durch sie oder von ihnen mitgeführte Tiere nicht gestört, beunruhigt oder gereizt wird. Die Änderung trat am 23.08.2019 in Kraft.
Link zur Änderung im Tiroler Almschutzgesetz
Link zur Änderung im Tiroler Almschutzgesetz
Erlassung einer neuen Almschutzverordnung
Erstmals in Österreich sollen Verhaltensregeln für Almbesucher mit Hunden in Form einer landesgesetzlichen Verordnung erlassen werden. Während der Zeit des Almbetriebes haben Almbesucher, die einen Hund mit sich führen, diesen unter Kontrolle zu halten und an der kurzen Leine zu führen. Die direkte Begegnung von Hunden mit dem Weidevieh (insbesondere mit Muttertieren) ist zu vermeiden. Die Landesregierung will die Verordnung noch rechtzeitig vor dem Sommer erlassen.
Ausweitung der bestehenden subsidiären Haftpflichtversicherung des Landes Tirol auf Schadensfälle mit Weidetieren
Versichert gilt das Tierhalterhaftpflichtrisiko für sämtliche Weidetiere auf allen Arten von Wegen und landwirtschaftlichen Flächen (wie insbesondere Forstwege, Almwege, Stege, Brücken, Interessentschaftswege, Weide- und Almflächen.) Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine öffentliche oder nicht öffentliche Fläche handelt. Der Versicherungsvertrag des Landes gilt subsidiär zur Deckung aus anderen Versicherungsverträgen. www.tirol.gv.at