Neue Diskussionen
Bereits seit 1999 verhandelt die EU mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Bolivien über ein Assoziierungsabkommen. Als Ergebnis wird eine Steigerung des Handels von Waren und Dienstleistungen für beide Regionen angestrebt, gleichzeitig sollen Handelshemmnisse abgebaut werden. Der Handelsteil des Abkommens würde sich auch auf die heimische Landwirtschaft auswirken. Strenge Regeln bei den geographischen Herkunftsangaben, der Lebensmittelsicherheit und dem Wettbewerb sollen hier laut den Befürworter:innen des Abkommens für Sicherheit und Stabilität sorgen. Neben dem Handel spielt auch die Politik eine wichtige Rolle, durch die Übereinkunft erhofft man sich, die Arbeitnehmerrechte, den Klima- und Umweltschutz, das verantwortungsvolle Handeln und die Lebensmittelsicherheit zu verbessern. Am 28. Juni 2019 einigten sich die Vertreter:innen der EU und der Mercosur-Staaten auf eine textliche Fassung zu den Inhalten. Über eine Genehmigung müssen der Rat der EU, welcher aus den einzelnen Mitgliedsstaaten besteht, und das Europäischen Parlament entscheiden. Für eine Umsetzung ist die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten nötig, Österreich sprach sich 2019 gegen das Abkommen aus, weshalb es nicht dazu kam. Anfang Dezember soll eine Delegation der EU-Kommission in Montevideo, der Hauptstadt von Uruguay, weitere Gespräche zum Abkommen führen.
Inhalte des Handelsteils
Im geplanten Handelsteil spielt für die Landwirtschaft vor allem der Abbau von Zöllen eine zentrale Rolle. Es sollen laut Abkommen die Zölle für 91 Prozent der gehandelten Waren, welche von der EU in die Mercosur-Länder exportiert werden, abgeschafft werden. Zum Teil sind hierfür Übergangsfristen vorgesehen. Für 92 Prozent der Importe in die EU sollen ebenso die Zölle fallen. Im Bereich der landwirtschaftlichen Produkte wurde für bestimmte Waren ein Lieferkontingent, für welches diese Zollbefreiung gilt, vereinbart. Dazu gehören etwa Rindfleisch, Zucker oder Geflügel. Geografische Herkunftskennzeichnungen wie „Tiroler Speck“ sollen laut Vereinbarung geschützt werden. Der Abkommenstext sieht außerdem vor, dass für Importe in die EU dieselben Regeln zur Lebensmittelsicherheit gelten wie bei Produktion innerhalb der EU.
Kritik am Abkommen
Kritik wird vor allem in Bezug auf die möglichen ökologischen und sozialen Auswirkungen geäußert. Befürchtet wird ein Verlust von Arbeitsplätzen in Österreich, die weitere Ankurbelung der Waldrodungen in den Mercosur-Ländern und die möglichen Steigerungen von Emissionen durch den Warentransport und sich verändernde Produktionen.
Aus Sicht der Bäuerinnen und Bauern sind vor allem die Importe von landwirtschaftlichen Produkten wie beispielsweise Rindfleisch bedenklich, da die Produktionsstandards in Südamerika weit unter jenen in Europa liegen und die Lebensmittel dadurch zu einem viel günstigeren Preis angeboten werden könnten. Zudem gibt es Bedenken zur Lebensmittelsicherheit. Laut Vereinbarung sollten zwar nur Lebensmittel in die EU importiert werden, welche strengen Regeln zur Lebensmittelsicherheit unterliegen, die Verpflichtungen zum Einsatz von Medikamenten in der Tierhaltung, Tierwohlstandards, chemischen Behandlungen sowie weiteren Klima- und Umweltstandards, sind vielen Kritiker:innen nicht verbindlich genug formuliert. Aufgrund der diversen möglichen Risiken für die landwirtschaftlichen Betriebe innerhalb der EU wendete sich der EU-Bauern- und Genossenschaftsverband (COPA/COGECA) mit einem Brief, welcher die Kritikpunkte auflistet, an Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, und Viktor Orban, Präsident des Europäischen Rates. Dieses Dokument erhielt großen Zuspruch, insgesamt unterzeichneten über 50 Organisationen aus den 27 Mitgliedsstaaten, darunter auch die LK Österreich.