Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels
Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass die Landwirtschaft die Alleinschuld an der Klimaerwärmung hat. Helfen kann nur der
Verzicht auf Fleisch und Milch, allein das wird den Planeten retten, den Klimawandel bekämpfen, die Entwaldung und die Zerstörung der Tierwelt stoppen und die Ressourcen Wasser schonen – so die oftmals gehörten Aussagen. Die in diesen Geschichten enthaltenen Denkfehler, Missinterpretationen und Falschauslegungen von Tatsachen sollen in dieser Reihe aufgezeigt werden. Den Landwirt:innen soll ein Argumentarium an Fakten zu diesen Themen für den
Stammtisch, oder für die Diskussionsrunde, mitgegeben werden.
Die Landwirtschaftskammer Tirol beschäftigt sich in diesem Jahr intensiv mit dem Thema des Klimawandels. Über das restliche Jahr verteilt wird es neben aktuellen Themen auch viele Informationen von der Almwirtschaft über Bauen, Bodennutzung, CO2, Methan, Düngung, Grünland, Weide bis hin zur Zucht in Zeiten des
Klimawandels geben.
Welchen Anteil hat die Landwirtschaft an Treibhausgasemissionen?
Dies einzuordnen ist gar nicht so einfach und vielfach Quelle für diese Mythen. Welche Landwirtschaft wird betrachtet: die in Nord- und Südamerika oder die alpine Berglandwirtschaft. Bleiben wir vorerst in Österreich. Das Umweltbundesamt hat 2019 die Emissionen nach den Verursachern aufgeschlüsselt. 75 Prozent der Emissionen Österreichs stammen aus der Energieerzeugung, dem Verkehr und der Industrie, während die gesamte Landwirtschaft zehn Prozent der direkten Emissionen verursacht. Dieser Vergleich sollte zeigen, dass das Problem nicht nur in der Landwirtschaft liegt.
Die Debatte um die Klimaschädlichkeit der Landwirtschaft und hier vor allem der Rinder, lenkt von den Hauptverursachern unserer Emissionen ab. Dies sind die fossilen Energieträger im Mobilitäts- und Energiesektor. Das bedeutet nicht, dass Nutztier-Emissionen nicht vermindert werden können oder sollen, alle Verursacher müssen ihren gerechten Anteil für den Klimaschutz leisten.
Die Landwirtschaft ist in Österreich für zehn Prozent der Emissionen verantwortlich und wird von diesem Umfang ausgehend reduzieren. In der jetzigen Situation sind Schuldzuweisungen aus anderen Sektoren, als auch überdimensionierte Forderungen der Reduktion von Emissionen, nicht produktiv und entfernen uns eher von konkreten Lösungen, anstatt die Maßnahmen gegen die Ursachen der Klimaerwärmung anzugehen.
Die Landwirtschaft ist vom Klimawandel besonders betroffen!
Die Landwirtschaft ist nicht nur Verursacherin, sondern – wie kein anderer Produktionssektor – Betroffene des Klimawandels.
Steigende Jahresdurchschnittstemperaturen, Extremwetterereignisse, ausgeprägte Niederschlagsdefizite oder -spitzen, das alles trifft die heimische Land- und Forstwirtschaft mit voller Härte. Diese kann zentrale Aufgaben wie die Bereitstellung von Lebensmitteln oder anderen Rohstoffen nicht mehr im benötigten Umfang gewährleisten. Passen dem Industriebetrieb, also dem anderen Produktionssektor, die klimatischen Bedingungen am Standort nicht mehr, wandert dieser ab. Die Landwirtschaft kann den Boden nicht verlegen. Sie muss sich an die Klimabedingungen Vorort anpassen und versuchen, mit diesen umzugehen.
Ein Punkt, der vielfach in der Diskussion vergessen wird, ist aber ganz wesentlich für unser aller Überleben: Die Landwirtschaft ist der einzige Produktionssektor, der Obst, Gemüse, Getreide, Milch und Fleisch, also Lebensmittel produziert.
Wie reagiere ich auf Aussagen wie: Die Kuh ist ein Klimakiller?
Erst einmal Ruhe bewahren und dann viel Nachfragen. Wie hast du das gemeint und woher hast du diese Informationen? Eine Nachfrage, woher Daten oder die Informationen stammen und aus welchem Jahr diese sind, ist immer ein recht guter Ansatz um in ein tieferführendes Gespräch zu kommen. Seriöse Quellen in diesem Themenbereich sind sicherlich die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen), IPCC (Weltklimarat der Vereinten Nationen), Universitäten und das Österreichische Umweltbundesamt.
Stammen die Informationen von woanders, sind Zweifel angebracht.
Wird man mit einer solchen Aussage konfrontiert, passiert es schon, dass man sich überfordert fühlt. Man selbst hat den Eindruck, zu wenig über das Thema zu wissen, um kompetent einen solchen Mythos zu zerschlagen. Dem ist aber sicher nicht so. Sie sind Landwirtin und Landwirt, und beschäftigen sich mit diesem Thema. Schon jetzt haben Sie einige Fakten auf Lager, wie etwa zum Anteil der österreichischen Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen. Das Nachfragen zeigt, wie sattelfest die Gesprächspartner:innen bei diesem Thema wirklich sind.