Isst das jemand?
Unzählige Arbeitsstunden, wertvolle Ressourcen, wichtige Nährstoffe – all das steckt in unseren Lebensmitteln. Und als das geht zum Teil verloren, denn in Österreich wird jedes Jahr rund eine Tonne noch genießbarer Lebensmittel weggeworfen. Sozial gesehen problematisch, da auch hierzulande nicht die gesamte Bevölkerung genügend zu essen hat. Aber auch für Ökologie und Ökonomie bringt diese Verschwendung Nachteile. Im Rahmen des Projekts „Isst das jemand?“ haben die Tafel Österreich und das Ökosoziale Forum Österreich und Europa daher Expert:innen und Bevölkerung zusammengebracht, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
Meinungsvielfalt
Am Podium wurde auf Branchenvielfalt gesetzt. In Tirol mit dabei war LK-Vollversammlungsmitglied Romed Giner in seiner Funktion als Obmann-Stellvertreter der Tiroler Gemüsebauern. Andere Sparten wurden durch David Mölk von der Firma MPREIS, Alois Rainer, Obmann Fachverband Gastronomie (Wirtschaftskammer Österreich) und Matthias Stefan vom Institut für Banken und Finanzen an der Universität Innsbruck vertreten. Auch das Publikum konnte sowohl vor Ort als auch über eine digitale Abstimmung an der Diskussion teilnehmen.
Gemeinsame Nenner
Obwohl die Hintergründe der beteiligten Personen sehr unterschiedlich waren, konnten gemeinsame Nenner gefunden werden. Einig waren sich alle darin, dass es diverse Investitionen braucht, um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken.
Für David Mölk (MPREIS) sind Lebensmittelverluste immer auch mit einem Umsatzverlust verbunden – diese zu reduzieren sei daher auch im Interesse des Handels. Gleichzeitig müsse aber die Kundenzufriedenheit beachtet werden, weshalb die Optimierung der Warenmenge in den Geschäften besonders wichtig sei. Hier sieht er Chancen durch den aktuellen Einsatz und künftigen Ausbau modernster Technologie und KI.
Obwohl auf die Landwirtschaft laut EU-Statistik der geringste Anteil verschwendeter Lebensmittel entfällt, bemerkte Romed Giner, selbst aktiver Landwirt, dass die Menge auch hier wachse. Er führt diese Entwicklung unter anderem auf Klimaveränderungen und einen unsachlichen Diskurs zum Thema Pflanzenschutz zurück. Sein Ansatz ist daher, Wissenschaft und Forschung voranzutreiben: „Früher wurde mit dem Klima ,mitgeforscht‘ und Landwirt:innen entsprechendes Handwerkszeug mitgegeben, etwa im Bereich Dünger oder Schädlingsbekämpfung.“ Durch das Verbot zahlreicher Pflanzenschutzmittel ohne die Bereitstellung wirksamer Alternativen sei man nun mit teils sehr starken oder sogar totalen Ernteausfällen konfrontiert: Die Verluste bei Radieschen seien auf die dreifache Menge gestiegen, bei Kohlsprossen gebe es in Tirol überhaupt keine Produzenten mehr. Giner ist sich sicher: „Es gäbe massives Potenzial im Bereich der Forschung im Pflanzenschutz – hier müsste dringend mehr investiert werden.“
Einen weiteren Verbesserungsansatz sprach Gastronomie-Funktionär Alois Rainer von der WKO an. Die Planung funktioniere in der Gastronomie bereits gut, er wünscht sich aber zusätzliche Angeobte in der Bildung, beispielsweise zur Weiterverarbeitung übriggebliebener Speisen, etwa von Buffets.
Wertschätzung wichtig
Auch in Hinblick auf die Wertschätzung von Lebensmittel nund den bewussten Umgang damit waren sich die Vertreter am Podium und das Publikum einig. Denn nach wie vor werden am meisten Lebensmittel in den privaten Haushalten weggeworfen. Hier gäbe es viele Lösungsansätze, um die Situation zu verbessern. Verhaltensforscher Matthias Stefan dazu: „Wir müssen zusammenarbeiten und mehr Bewusstsein schaffen, schon in Schulen ansetzen.“ Die Verantwortung für die Reduktion der Lebensmittelverschwendung liegt bei allen Bürger:innen. Romed Giner appellierte: „Ich wünsche mir, dass Konsument:innen […] sich bewusst sind, dass jeder Griff zum Produkt einen Kreislauf in Gang setzt, der Wertschöpfung und Nachhaltigkeit im eigenen Land schafft.“
Zahlreiche interessante Aspekte und konkrete Ideen zum Thema zeigten auch die Beiträge des Publikums auf. So wurde deutlich, dass die Problematik rund um die Lebensmittelverschwendung ein umfassendes Thema ist und Lösungen nur durch die Zusammenarbeit der gesamten Bevölkerung erreicht werden können. Zur Sammlung möglicher Lösungsansätze trug das Projekt „Isst das jemand?“ bei.