Gemeinsam Lösungen entwickeln
Wohnen in einem Siedlungsgebiet verschiedene Parteien nebeneinander, entstehen immer wieder Konflikte. Besonders häufig entwickeln sich rund um Bäume, Sträucher oder hohe Thujenhecken an den Grundgrenzen Meinungsverschiedenheiten. In der Vergangenheit war es so, dass man Äste und Wurzeln eines Grenzbaumes, welche auf das eigene Grundstück ragten, entfernen konnte – mehr Rechte hatte man als Nachbar:in nicht. Die rechtliche Grundlage hat sich jedoch inzwischen geändert. Wer aufgrund der Pflanzen am angrenzenden Grund unter unzumutbarem Luft- und Lichtentzug leidet, hat einen Anspruch darauf, dass dieser Bewuchs entfernt wird.
Meistens können solche Streitigkeiten über ein klärendes Gespräch gelöst werden, ab und zu stehen die verschiedenen Parteien aber vor einer scheinbar nicht lösbaren Meinungsverschiedenheit. Damit solche Fälle nicht direkt vor Gericht landen, womit auch hohe Verhandlungs- und Anwaltskosten einhergehen würden, wurden Schlichtungsstellen eingerichtet. Eine solche Stelle muss zwingend aufgesucht werden, bevor man sich überhaupt an das Gericht wenden kann.
Schlichtungsstellen
Schlichtungsstellen gibt es unter anderem auch an verschiedenen Landwirtschaftskammern, zum Beispiel in Tirol, Salzburg oder Vorarlberg. Bei einem Nachbarschaftsstreit rund um störende Bepflanzungen bieten sie den Vorteil, dass nicht nur rechtskundige Expert:innen, sondern auch Mitarbeiter:innen mit Fachwissen zu Pflanzen- und Gartenbau kompetent beraten können. Zudem fallen diverse Grundstücksangelegenheiten häufig in das Aufgabengebiet der Landwirtschaftskammern, weshalb viel Wissen und Erfahrung zum Thema vorhanden ist. An der LK Tirol besteht dieses Angebot bereits seit mehr als 20 Jahren. Jedes Jahr werden zirka 30 Fälle behandelt , wobei bei etwas mehr als der Hälfte Lösungen im Sinne beider Parteien gefunden werden können.
Ein Ziel – eine Lösung
Bei einem Nachbarschaftsstreit rund um die Gartengestaltung treffen unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander. Eine Seite möchte die zur Verfügung stehende Grünfläche optimal ausnützen und sie als einen Ort der Erholung ansprechend gestalten, die andere Seite erfährt dadurch Einschränkungen in ihren Bedürfnissen nach Licht und Luft. Ziel ist es stets, eine Lösung zu erarbeiten, welche für beide Seiten sinnvoll, tragbar und auch umsetzbar ist – hierbei kann eine Beratung durch die Fachexpert:innen der Schlichtungsstelle helfen.
Verfahrensablauf
Wie eingangs erwähnt, ist bei Streitigkeiten rund um die Bepflanzung eine Schlichtungsstelle aufzusuchen, bevor man sich an das Gericht wendet. Kommt es innerhalb von drei Monaten zu keiner Einigung über die Schlichtungsstelle, kann sich die beeinträchtigte Person an die Gerichte wenden.
Das Schlichtungsverfahren kann starten, wenn bei der jeweiligen Landwirtschaftskammer ein schriftlicher Antrag eingereicht wird. Dafür steht ein eigenes Formular zur Verfügung, welches direkt an der zuständigen Landwirtschaftskammer sowie in deren Bezirksstellen und auch online erhältlich ist.
Freiwillige Basis
Ein wichtiger Grundsatz zur Arbeit der Schlichtungsstellen ist, dass die Beteiligung und Kompromissschließung freiwillig ist. Ist es gewünscht, werden Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt und gemeinsam besprochen, es besteht jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung, diesen zuzustimmen oder seine Position in der Konfliktsituation zu ändern. Sämtliche Lösungsvorschläge können aber natürlich jederzeit akzeptiert werden.
Verfahrenskosten
Die Einbeziehung der Schlichtungsstelle ist mit Kosten verbunden. Diese sind der aktuell geltenden Gebührenordnung zu entnehmen.