Geeint gegen den Wolf
„Auch wenn die Land- und Almwirtschaft auf den ersten Blick hauptbetroffen ist: Große Beutegreifer stellen nicht nur für diese Branchen eine große Herausforderung dar“, erklärte Bezirkskammerobmann Andreas Prosch eingangs. Als besonderer „Nutznießer“ der von den Bäuerinnen und Bauern geschaffenen Kulturlandschaft gelten Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Wanderwege, Mountainbikerouten auf Almwegen oder auch Skipisten: Ohne Weidevieh würde das Angebot für Einheimische und Gäste in Tirol Winter wie Sommer weniger umfangreich sein. Das bestätigt auch Alois Rainer, selbst Hotelier und Gastronom: „Wir sind in der glücklichen Lage, noch eine intakte Landwirtschaft zu haben. Diese versorgt uns nicht nur mit hervorragenden Lebensmitteln, die unseren kulinarischen Ruf prägen, sondern zugleich mit einem Landschaftsbild und einer Infrastruktur, die viele sportliche Aktivitäten ermöglichen. Andere Regionen blicken da neidvoll auf uns, deshalb unterstützen wir als Touristiker unsere Bäuerinnen und Bauern hier klar im Kampf gegen große Beutegreifer!“
Doch nicht nur der Tourismus steht mit der vermehrten Präsenz von großen Beutegreifern vor Problemen, sondern auch die einheimische Bevölkerung, wie Bezirksbäuerin Monika Garber schildert: „Nachdem es Wolfssichtungen und Risse in unmittelbarer Siedlungsnähe gegeben hat, ist die Sorge gerade bei Familien gewachsen. Ich habe mit vielen gesprochen, die bei Spaziergängen im Wald jetzt ein flaues Gefühl begleitet.“
Gefahr für Wild und Weidevieh
Sind es in den Sommermonaten eher die Weidetiere, stellen für Wolf und Bär im Winter vor allem Wildtiere die bevorzugte Beute dar. Nicht nur die verstärkte Präsenz großer Beutegreifer, auch Herdenschutzmaßnahmen beeinflussen das Leben der Wildtiere, wie Bezirksjägermeister Otto Weindl erklärt: „Das Wild bewegt sich frei über viele Kilometer hinweg, besonders oberhalb der Baumgrenze. Durch Herdenschutzzäune wird ihnen der Weg abgeschnitten und der Wildwechsel stark beeinflusst. Das wirkt sich auf das Verhalten aus und kann wiederum den Fraßdruck auf unsere Schutzwälder erhöhen. Gerade im Winter werden wir Probleme im Bereich von Rotwildfütterungen be
kommen, wenn erst ein Wolfsrudel anwesend ist. Das Wild wird die Fütterungen dann länger meiden und entsprechende Schäden im Wald verursachen. Deshalb blicke ich mit Sorge in die Zukunft.“
Unwetterereignisse Bewirtschaftete Flächen und Wälder bieten Schutz!
Ebenfalls der Einladung gefolgt ist Lawinenexperte Rudi Mair. Er leitet seit vielen Jahren den Tiroler Lawinenwarndienst und kennt wie kein Zweiter die Zusammenhänge zwischen Beweidung im Sommer und kritischen Situationen im Winter: „Werden Weiden nicht mehr genutzt, wächst mit dem Gras auch die Gefahr vor Lawinen oder Muren. Im Winter legt sich das lange Gras dann auf den Boden und bildet so eine ideale Rutschfläche für die sogenannten Gleitschneelawinen. Je länger das Gras ist, desto leichter gerät der Schnee ins Rutschen. Diese Art von Lawinen ist in den vergangenen Jahren bereits häufiger geworden.“ Er stellte auch klar, dass die landwirtschaftliche Nutzung viele künstliche Sicherungsmaßnahmen überflüssig macht.
Perspektiven schaffen
Einen Überblick über die aktuelle Situation in Tirol gab LK-Präsident Josef Hechenberger. Für ihn ist der heurige Sommer entscheidend: „Wir haben hunderte Risse und schon über zehn Almen werden nicht mehr beweidet. Das ist fatal. Das Land Tirol hat aber letztendlich auf den Druck der Landwirtschaft reagiert und gesetzliche Änderungen beschlossen. Ich erwarte mir, dass die nun theoretisch geschaffenen Entnahmemöglichkei
ten auch in der Praxis umgesetzt werden. Dann gilt es zu evaluieren und über den Winter weiterzuarbeiten, denn es sind für die Bäuerinnen und Bauern noch viele Fragen in diesem Zusammenhang offen, realistische Perspektiven müssen geschaffen werden. Gelingt kein geregelter Umgang mit den großen Beutegreifern, ist die Zukunft vieler Almen ungewiss.“ Gemeinsame Aktionen zur Bewusstseinsbildung sind für den nächsten Sommer in Planung.