Die Nachfrage nach Bio wächst, besonders bei Schweinefleisch, Soja und Gemüse
"Bio läuft gut", berichtet der Obmann von Bio-Ernte Steiermark Thomas Gschier bei einer Pressekonferenz in Graz: „Für viele KonsumentInnen sind Bio-Lebensmittel nicht mehr wegzudenken. Im Einzelhandel floriert der Verkauf von Bio-Produkten. Der Bio-Markt ist im Vorjahr um 14 Prozent gewachsen, der Lebensmitteleinzelhandel für sich betrachtet um 20 Prozent.“ Corona hat Bio noch zusätzlich beflügelt analysiert Landwirtschaftskammer-Vizepräsidentin Maria Pein: „Im ersten Halbjahr 2021 hat ein Haushalt durchschnittlich 113 Euro für Bioprodukte im Lebensmittelhandel ausgegeben, im ersten Halbjahr 2020 waren es noch rund 98 Euro.“ Besonders bio-affin sind ältere Familien (195 Euro) und junge Familien mit Kindern (160 Euro).
Neue Bio-Betriebe gesucht
Bio wächst im Ganzen, doch besonders viel Potenzial gibt es derzeit für Bio-Hülsenfrüchte, Bio-Gemüse, Bio-Direktvermarktung und Bio-Schweine. Im Bio-Ackerbau sind vor allem Speise- und Futterleguminosen gesucht, hier vor allem Sojabohne. „50 bis 70 neue Betriebe würde es brauchen, um den Bedarf zu decken“, so Gschier. Die Nachfrage nach regionalem, biologischen Gemüse ist größer als das Angebot. Für Neugründungen eines Gemüsebetriebes sei ein guter Zeitpunkt. 650 Bio-Direktvermarkter gibt es in der Steiermark. Die Sparte könnte einen jährlichen Zuwachs an Betrieben von 20 Prozent vertragen, um den Bedarf weiterhin zu decken. Damit Konsumenten Bio-Direktvermarkter finden können, gibt es neben der brandaktuellen Neuauflage des Bio-Einkaufsführers von Bio Ernte Steiermark auch die Webseite www.biomaps.at.
Baugesetz bremst Bio-Ausbau
In die Bio-Schweinehaltung könnten österreichweit jährlich 30 bis 40 Betriebe einsteigen. „Daher wird die Schweinevermarktungsgemeinschaft Styriabrid die Vermarktung von Bioschweinen weiter ausbauen. Wöchentlich könnten derzeit 250 Bioschweine mit steigender Tendenz zusätzlich vermarktet werden“, betont Vizepräsidentin Maria Pein. Ein Bremsklotz für den Ausbau sei das Bau- und Raumordnungsgesetz, da Tierwohlställe in der Regel einen Auslauf hätten und dies im Vorhinein zu Standortkonflikten führe. Einen Ausweg sieht die Vizepräsidentin darin, vereinfachte Bauverfahren zu ermöglichen.
Weiterentwicklung
"Für Bio-Schweine ist die Zeit jetzt reif", verkündet Obmann Gschier in Hinblick auf das lange Nischendasein von Bio-Schweinefleisch, welches aktuell einen Anteil von drei Prozent am Schweinefleischmarkt hat. Doch die Zukunftsaussichten sind nicht nur aufgrund des gestiegenen Bewusstseins in der Bevölkerung gut, sondern auch wegen eines Erfolgs der Interessenvertretung, wie LK-Vizepräsidentin Pein hervorstreicht: "Wenn der verpflichtende Bio-Anteil in der öffentlichen Verpflegung kommt, wird alleine dadurch der Bedarf an Bio-Schweinefleisch deutlich ansteigen." Die Weiterentwicklung bedarf aber weiterer Anstrengungen, ruft Agrarlandesrat Johann Seitinger ins Gedächtnis: "Mit der Errichtung des Bio-Kompetenzzentrums am Grottenhof und den vielfältigen unterstützenden Maßnahmen für unsere Biobauern wollen wir in der Steiermark weiterhin den Weg für eine erfolgreiche, nachhaltige und biologische Landwirtschaft bereiten."
Mit Bio-Schweinen erfolgreich
20 Minuten von Graz entfernt liegt der „pur Naturhof“ der Familie Donnerer. Auf dem ehemals reinen Obstbaubetrieb leben mittlerweile zwischen den Obstgärten rund 100 Bio-Freilandschweine, die dank speziellen Erdställen das ganze Jahr im Freien verbringen können. Gefüttert werden die eigenen Bio-Schweine nur mit Erbsen, Ackerbohnen und Getreide. Auf die Verfütterung von Mais wird bewusst verzichtet. Bei der Verarbeitung des eigenen Bio-Fleischs kommt kein Pökelsalz zum Einsatz. Die Bio-Gewürzmischungen für die Wurstherstellung werden selber zubereitet.
Bio-Bauern sind innovativ
Obstbauer Fritz Prem aus dem oststeirischen Kaindorf hält Legehennen, die das ganze Jahr auf einem Teil der 15 Hektar großen Apfelplantage leben. „Mir geht es auch darum, die Tierhaltung wieder zurück auf den Hof zu bringen und so die Biodiversität zu erhöhen“, erzählt der Landwirt. Ausschlaggebend war für ihn eine Studie, die belegt, dass Hühner Schädlinge wie Apfelwickler, Sägewespe oder Kirschfruchtfliege reduzieren können. Diese überwintern im Falllaub unter den Bäumen und werden von den Hennen vertilgt. Derzeit stehen zwei kleine Mobilställe als Prototypen in der Apfelanlage. Die beiden Stallungen hat der Landwirt aus Altmaterial selbst gebaut, sie bieten jeweils 40 Hennen Platz. Da die Legeleistung nicht im Vordergrund steht, verwendet Fritz Prem Nachnutzungshühner und bezieht zur Fütterung Bio-Ausputzgetreide von einer Mühle. In einem Forschungsprojekt wird aktuell am Betrieb der Einfluss der Hühnerhaltung auf Schädlingspopulationen in Obstanlagen untersucht. Wenn das System funktioniert, möchte Prem das Projekt auf den gesamten Betrieb ausweiten.