Bodenverbrauch dringend eindämmen!
Rund elf Hektar wertvolle landwirtschaftliche Flächen werden in Österreich täglich verbaut, auch in Tirol schreitet der Flächenfraß trotz landwirtschaftlicher Vorsorgeflächen voran. Die negativen Auswirkungen gehen auf Kosten der nächsten Generationen, weshalb rasch ein Umdenken passieren muss. Um das Thema verstärkt in den Fokus zu rücken und um mehr Bewusstsein für nachhaltigen Bodenschutz zu schaffen, hat die Landwirtschaftskammer Tirol gemeinsam mit der Österreichischen Hagelversicherung zum Pressegespräch geladen. „Österreich ist in Sachen Bodenverbrauch mit Eiltempo unterwegs. Allein in den vergangenen 20 Jahren wurden 130.000 Hektar Äcker und Wiesen verbaut, oder anders gesagt: die gesamte Agrarfläche des Burgenlandes. Industrie, Gewerbe, Handel, Verkehr, Wohnraum – viele Sparten benötigen für ihre Weiterentwicklung Grund und Boden. Gleichzeitig sind unverbaute Flächen unsere Versicherung im Kampf gegen den Klimawandel. Ein Quadratmeter Grünland kann bis zu 200 Liter Niederschlag je Meter Tiefe aufnehmen“, erklärt LK-Präsident Josef Hechenberger, der eine rasche Umsetzung der nationalen Bodenstrategie fordert: „Es muss jetzt ein Umdenken stattfinden, damit der rasante Verbrauch nicht in diesem Ausmaß weitergeht, denn die Rechnung dafür bekommen die nächsten Generationen präsentiert. Es braucht daher auch bundesweit das Bekenntnis für strengere Richtlinien.“
Maßnahmenbündel erforderlich
Damit eine Trendumkehr beim Bodenverbrauch stattfinden kann, ist eine Maßnahme alleine nicht ausreichend. Vielmehr ist nach den Prinzipien Vermeiden, Wiederverwerten und Minimieren ein Maßnahmenbündel samt fiskalischen Aspekten erforderlich, wie der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung, Kurt Weinberger, betont: „Bei der Kommunalsteuer, die auf Gemeindeebene eingehoben wird, sage ich ‚Nein‘. Jeder Bürgermeister hat ein Anreizsystem, Genehmigungen für Gewerbezentren zu erteilen, weil er daraus Einnahmen lukriert. Daher haben wir auch die höchste Anzahl an Supermärkten in der EU und daher sind die Lebensmittelpreise bei uns auch um 15 Prozent höher. Wir bezahlen also beim Einkauf für eine falsche Raumordnung. Die Lösung: Die Kommunalsteuer muss als Bundessteuer eingehoben und im Zuge des Finanzausgleichs an (ökologische) Kriterien gekoppelt verteilt werden. Neben steuerlichen Aspekten braucht es aber auch raumplanerische Maßnahmen, wie auch eine aktuelle WIFO-Studie zeigt.“
Zahlen und Fakten zum Bodenverbrauch:
- Österreich hat EU-weit die höchste Anzahl an Supermärkten pro 100.000 Einwohner, nämlich 60 Supermärkte. Im Vergleich dazu hat Deutschland nur 40 Supermärkte. Tirol liegt mit 69 Supermärkten pro 100.000 Einwohner über dem österreichweiten Durchschnitt.
- Österreich ist bei den Verkaufsflächen mit 1,56 m² Verkaufsfläche/Kopf an zweiter Stelle: Niederlande 1,59 m², Italien 1,29 m², England 1,04 m2 (Quelle: RegioData 2022).
- Österreich hat mit 15 Meter/Kopf eines der längsten Straßennetze: Deutschland 7,9 Meter/Kopf, Schweiz 8,1 Meter/Kopf (Quelle: Eurostat).
- In Österreich gibt es lt. Umweltbundesamt 40.000 Hektar Industriebrachen inklusive der leerstehenden Gewerbe- und Wohnflächen, das entspricht der Fläche der Stadt Wien.
- In den letzten 20 Jahren wurden 130.000 Hektar Agrarflächen aus der Produktion genommen – entspricht der Agrarfläche des Bundeslandes Burgenland. (davon laut WIFO-Studie 72.000 Hektar Ackerflächen, mit denen 480.000 Menschen ernährt werden hätten können.)
- Laut FAO braucht in Österreich jeder Mensch 3.000 m² Boden, wir haben jetzt aber nur noch rund 1.600 m² pro Kopf zur Verfügung. Im Jahr 2050 werden es nur noch 1.000 m² sein, ein Drittel des erforderlichen Bedarfs.