Bilanz und Ausblick
Zweimal jährlich finden sich die Kammerrätinnen und Kammerräte zur Vollversammlung im forum lk in Innsbruck ein. Auch bei der Vollversammlung am 11. Dezember konnten wieder einige Ehrengäste begrüßt werden, darunter LH-Stv. Josef Geisler, NR Hermann Gahr, LA Michael Jäger, Ehrenringträgerin Resi Schiffmann, Ehrenringträger Richard Norz und Ehrenzeichenträger Franz Krösbacher.
Vielfältige Herausforderungen
Präsident Josef Hechenberger gab in seinem Bericht einen Überblick über die dringlichsten Herausforderungen auf EU-, Bundes- und Landesebene. In Europa wirft vor allem der mögliche EU-Beitritt der Ukraine einige Fragen auf und wird aus landwirtschaftlicher Sicht sehr kritisch gesehen. Auch die Meinungsbildung in Sachen „neuer Gentechnik“ ist sehr schwierig, weil die Standpunkte sehr unterschiedlich sind – auch innerhalb der einzelnen Sparten gibt es dazu noch viele verschiedene Zugänge. Positiv sieht Hechenberger den bevorstehenden (mittlerweile erfolgten, Anm.) Beschluss des EU-Parlaments zur Frühstücksrichtlinie. Generell sind viele den Green Deal betreffenden Diskussionen im Gange, wobei Hechenberger betont, dass es wichtig ist, weitere Standortnachteile für die produzierende Landwirtschaft abzuwehren. Diesbezüglich nennt er die auf nationaler Ebene umzusetzende Ammoniakreduktionsverordnung, die auf der EU-weiten NEC-Richtlinie basiert. Die Vorgaben aus dieser Richtlinie werden im Emissionsgesetz-Luft 2018 geregelt und umfassen verschiedene Maßnahmen. Eine davon ist die verpflichtende Abdeckung von Behältern zur Lagerung von flüssigem Wirtschaftsdünger: „Derzeit ist es so, dass bis 1. Jänner 2028 alle offenen Güllegruben abgedeckt werden müssten. Das würde für die Landwirtschaft einen enormen Aufwand bedeuten. Deshalb versuchen wir, hier noch eine Änderung zu erreichen“, so Hechenberger. Bis zum Frühjahr wird es diesbezüglich Klarheit geben.
Verlässliches System
Noch heuer werden alle neuen Einheitswerte ausgeschickt. Diese behalten dann für zehn Jahre ihre Gültigkeit und werden nicht inflationsangepasst bzw. erhöht – eine wichtige und gute Entscheidung für die Betriebe! Sehr wohl inflationsangepasst werden 2024 hingegen die Zahlungen aus AZ und ÖPUL sowie die Förderobergrenze bei der Investitionsförderung. Am 20. Dezember werden außerdem alle Flächenprämien für 2023 ausgezahlt: „Die gewohnte Verlässlichkeit unseres Systems ist wichtig für die Betriebe, weil man sich auf die Zahlungen verlassen kann. In Deutschland gibt es noch nicht einmal einen Termin für die Auszahlung!“
Einen Dank sprach Hechenberger an das Land Tirol für die gute Zusammenarbeit in Sachen Großraubtiere aus. „Wir sind da heuer ein großes Stück weitergekommen. Auch dass der Goldschakal jagdrechtlich jetzt auf einer Stufe mit dem Fuchs steht, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.“
"Bei den Diskussionen rund um den Green Deal gilt es, weitere Standortnachteile für die produzierende Landwirtschaft abzuwehren". Josef Hechenberger
LK-Präsident
Lebensqualität im Fokus
Mitarbeiter:innen sowie Funktionärinnen und Funktionäre beschäftigen sich in einer Arbeitsgruppe mit dem Thema „Lebensqualität“. Vizepräsidentin Helga Brunschmid berichtete über deren Arbeit und lobte die Umsetzung der Kurse „Erste Hilfe für die Seele“, wo es darum geht, hinsichtlich des richtigen Verhaltens gegenüber Personen, die sich in einer seelischen Krisensituation befinden, zu sensibilisieren. Diese wird künftig auch für den Funktionärskreis angeboten. Brunschmid sieht die Arbeit mit dem Thema Lebensqualität als Investition für die Zukunft, denn: „Es ist immer noch ein Stigma zuzugeben, dass es jemandem nicht gut geht. Daran müssen wir arbeiten, denn zu einem erfolgreichen Betrieb gehört auch die eigene Gesundheit.“
Ein ebenfalls zentrales Thema behandelt die Tiroler Bäuerinnenorganisation – die Rechte der Frau in der Landwirtschaft. Dazu gibt es österreichweit eine neue Broschüre, die alle relevanten Aspekte zusammenfasst. „Die rechtliche Absicherung der Frauen ist mir ein großes Anliegen. Dabei möchte ich betonen, dass das kein reines Frauenthema ist, sondern es auch um die Absicherung des Betriebes, Erbrecht, eine erfolgreiche Hofübergabe und vieles mehr geht,“ so Brunschmid.
Abschließend stellte die Vizepräsidentin den Jahresschwerpunkt der LK für 2024 vor: „Wir werden uns im nächsten Jahr mit dem Arbeitsplatz Bauernhof beschäftigen. Dabei wollen wir aufzeigen, welche Möglichkeiten ein Hof bietet und wie vielfältig die Tätigkeitsfelder sind.“ Gemeinsames Ziel sei jedenfalls immer, eine flächendeckende Landwirtschaft in Tirol zu erhalten: „Dabei geht es nicht nur um wirtschaftliche Aspekte, sondern auch oft um zwischenmenschliche. Besonders wichtig ist auch die Frage, wie die Gesellschaft mit uns umgeht und umgekehrt. Da sind wir sicher gefordert“, so die Vizepräsidentin.
"Es ist immer noch ein Stigma zuzugeben, dass es jemandem nicht gut geht. Aber zu einem erfolgreichen Betrieb gehört auch die eigene
Gesundheit". Helga Brunschmid
LK-Vizepräsidentin
Gut aufgestellt
Nach Diskussion und Wortmeldungen zu den Berichten und Grußworten von LH-Stv. Josef Geisler fuhr Kammerdirektor Ferdinand Grüner fort. Er berichtete über die herausfordernde Personalsituation und gab einen Überblick über den aktuellen Personalstand. Neben dem Bildungsbereich sehr gut aufgestellt ist das ISO-zertifizierte Beratungssystem. Berichtet wurde dazu über die am meisten nachgefragten Beratungsleistungen (Rechts-, Bau- und Förderungsberatung). Für die Beraterfinanzierung bedeutsam ist neben dem Vertrag mit dem Land die Fortsetzung der Beratungsförderung des Bundes, welche kürzlich neu beschlossen werden konnte. Darüber hinaus brauche es auch einige Anpassungen in der Eigenfinanzierung, um alle Dienstleistungen vollumfänglich anbieten zu können.
Finanzreferent Alexander Berger präsentierte den Vorschlag für das Budget 2024. Wie bei allen personalintensiven Organisationen stellen die Anpassungen der Gehälter wiederholt eine Herausforderung dar. In diesem Zusammenhang verwies der Fachbereichsleiter auf die Bedeutung der vertraglich gewährleisteten Finanzierungen durch Bund und Land sowie auf die Verrechnung von Dienstleistungen. Für die LK-Finanzierung weiter wichtig ist die Kammerumlage. Da diese durch die neue EHW-Hauptfeststellung sinken wird, stimmte die Vollversammlung für eine moderate Umlagenerhöhung im Sinne der Inflationsanpassung. Diese wurde mit zwei Gegenstimmen angenommen. Der Voranschlag für das Budget 2024 wurde einstimmig angenommen.
"Im Beratungs- und Bildungsbereich ist die Landwirtschaftskammer Tirol sehr gut aufgestellt." Ferdinand Grüner
LK-Direktor
Anträge
Die eingelangten Anträge der Fraktionen wurden in einem eigenen Tagesordnungspunkt behandelt.
Die Grünen Bäuerinnen und Bauern brachten zwei Anträge ein, einen zur Unterstützung der bäuerlichen Direktvermarktung und Überarbeitung der Urproduktenliste, einen zum Umbau der Sozialversicherungsbeiträge. Ersterer wird überarbeitet und zur Abstimmung an die LKÖ weitergeleitet, der zweite wird im Ausschuss Recht, Steuern und Energie behandelt.
Der Unabhängige Bauernverband brachte vier Anträge ein. Der erste Antrag zur gesetzlichen Verankerung der Eigenverantwortung wurde zur Weiterbehandlung dem Rechtsausschuss zugewiesen. Der zweite Antrag zur Senkung der Steuerlast auf den Höfen wurde sogleich behandelt und ebenfalls diesem Ausschuss zugewiesen. Der dritte Antrag forderte einen fairen Milchpreis, dieser Antrag wurde im Kreise der Funktionäre ausführlich diskutiert und dazu festgestellt, dass die Interessensvertretung keinen Einfluss auf das Marktgeschehen hat. Der vierte Antrag bzgl. Abgeltung von CO2-Speicherung wurde dem Ausschuss Boden und Hochwasserschutz zur Bearbeitung und Berichterstattung an die Vollversammlung zugewiesen.
Der Tiroler Bauernbund hat fünf Anträge eingebracht: Zur Absicherung der Kombinationshaltung und Investition in das Tierwohl, zur Unterstützung der Kälberaufzucht, zur verstärkten Förderung der Mutterkuhhaltung, zur Alm-Weidemeldung bei Schafen, Ziegen- und Pferde und zur Stärkung der innovativen Energiegewinnung. Alle Anträge wurden angenommen, die darin enthaltenen Forderungen und Vorschläge werden an die zuständigen Stellen herangetragen und weiterverfolgt.