Aussicht auf praktikables Wolfsmanagement
Die Diskussion um das Thema „Wolfsmanagement“ und „Senkung des Schutzstatus“ ist wieder in Bewegung gekommen. Die zuständigen Vertreter:innen der EU fassten nun erstmals den Beschluss, für die Änderung des Status von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zu stimmen. Ein Wolfsmanagement soll sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll sein und Vorteile bringen.
„Die Zeichen der Zeit wurden erkannt und die massiven Probleme in der Land- und Almwirtschaft haben Gehör gefunden. Die heutige Entscheidung für eine Herabstufung des Schutzstatus von Wölfen ist wegweisend für den gesamten ländlichen Raum“, zeigte sich LK-Präsident Josef Hechenberger in einer ersten Reaktion zufrieden.
Er ergänzte: „Wir haben seit vielen Jahren gegen die Wiederansiedelung der Großraubtiere und für mehr Handlungsspielraum gekämpft. Anfangs wurden wir dafür belächelt und uns wurde gesagt, dass eine Veränderung auf EU-Ebene quasi aussichtslos sei. Die umfassenden Informationsoffensiven waren mühsam und arbeitsintensiv, haben sich nun aber bewährt. Mit der heutigen Entscheidung wird der geänderten Realität Rechnung getragen und wir sind unserem Ziel, der Senkung des Schutzstatus, einen wesentlichen Schritt näher gekommen.“
Für den Schutz der Nutztiere, den Erhalt der Land- und Almwirtschaft, sowie in weiterer Folge für den Tourismus, ist ein effektives Wolfsmanagement unbedingt nötig. Wie die weiteren Instanzen entscheiden und ob der Schutzstatus folglich gesenkt wird, bleibt noch abzuwarten. Die erste Hürde ist mit der kürzlich getroffenen Entscheidung allerdings genommen.
Der Wolf in Tirol
Seit einigen Jahren sind die Tiroler Landwirt:innen immer wieder mit dem Wolf konfrontiert. Ab und zu in Form von Sichtungen, wesentlich häufiger leider in Form von Rissgeschehnissen. Heuer wurden bereits 118 Wolfsrisse bei Nutztieren gemeldet. Betroffen waren hier auch mehrere Rinder und ein Pferd. Es wurden 17 Individuen nachgewiesen, wobei neun davon auf Osttirol entfielen. Aber auch der Goldschakal und der Bär waren für den Tod einiger Nutztiere verantwortlich. Auf das Konto des Goldschakals gingen bis jetzt zehn Schafe, auf jenes des Bären drei Schafe und ein Rind.
Der häufig als Lösung vorgeschlagene Herdenschutz ist in Tirol in den meisten Fällen nicht umsetzbar. Die Errichtung von Schutzzäunen ist aufgrund des unwegsamen Geländes weitestgehend unmöglich. Auch aus Sicht des Tourismus entstehen Probleme, wenn zum Beispiel Wanderrouten durch Zäune eingeschränkt oder Touristen durch Herdenschutzhunde gefährdet werden.
Wo weder Herdenschutz noch eine Bejagung möglich ist, bleibt den Landwirt:innen beim Auftreten von großen Beutegreifern häufig nur noch ein Verzicht auf oder ein verfrühter Abbruch der Alpung – mit weitreichenden Folgen. Die betroffenen Betriebe leiden unter wirtschaftlichen Verlusten, angegriffene Tiere erfahren massives Tierleid. In weiterer Folge kommt es durch die fehlende Bewirtschaftung zur Gefährdung der Kulturlandschaft. Artenreiche Biodiversitätsflächen wie Bergmähder verwuchern, auf langem Bewuchs können sich im Winter leicht Gleitschneelawinen lösen. Das Verschwinden der Almlandschaft als wertvoller Erholungsraum betrifft auch direkt den Tourismus sowie die einheimischen Privatpersonen. Ein Ende der Almwirtschaft würde somit weitreichende negative Folgen für die gesamte Gesellschaft und die Natur mit sich bringen.
Aufgrund der sich häufenden Probleme und schwerwiegenden Folgen entstanden diverse Zusammenschlüsse, um sich gemeinsam für ein aktives Wolfsmanagement einzusetzen. Hierzu zählt etwa der „Verein zum Schutz und Erhalt der Land- und Almwirtschaft in Tirol“, welcher sich mit „Alm ohne Wolf“ für den Erhalt der Kulturlandschaft sowie der Land- und Almwirtschaft einsetzt. Dafür werden seit Jahren regelmäßig Informationsoffensiven gestartet, um in der Gesellschaft Bewusstsein für die aktuelle Situation und die mit der Wiederansiedelung der Wölfe verbundenen Probleme zu schaffen. Auch der Verein „Weidezone Tirol“ erkannte die sich ergebenden Probleme und setzt sich seit Jahren für den Schutz der Landwirtschaft und Nutztiere ein.
Mit den Abschussverordnungen wurde als Reaktion auf die Forderungen zur Regulierung der Wolfbestände eine Möglichkeit geschaffen, Wölfe, welche aufgrund ihres Verhaltens eine Gefahr für Nutztiere und Menschen darstellen, zeitnah zu entnehmen. Dies gelang bereits in mehreren Fällen. Insgesamt wurden für das Bundesland Tirol 14 Abschussverordnungen erlassen, zwei Wölfe konnten entnommen werden.
Kurz und kompakt
Der „Ständige Ausschuss“ setzt sich aus 51 Mitgliedsländern zusammen. Jedes dieser Länder hat eine Stimme. Um Änderungen zu beschließen, ist eine „Zwei-Drittel-Mehrheit“ nötig, es müssen also 34 Länder zustimmen. Nun wurde innerhalb der EU der Beschluss gefasst, für eine Senkung des Schutzstatus des Wolfes zu stimmen. Die nötige Mehrheit kann durch die Zustimmung von Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz, Liechtenstein oder Norwegen erreicht werden.
Bereits Ende 2022 wurde bei der 42. Tagung des Ständigen Ausschusses ein Antrag seitens der Schweiz vorgebracht, den Schutzstatus zu ändern. Da sich die EU zum damaligen Zeitpunkt dagegen aussprach, war eine entsprechende Mehrheit unmöglich.
Stimmt dieser Ausschuss aber dem Antrag mit der erwähnten Mehrheit zu, muss noch abgeklärt werden, wann eine Änderung der Berner Konvention in Kraft tritt. Um dies zu ermöglichen, ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung des Schutzstatus in der FFH Richtlinie nötig.
Die Meinung der Bevölkerung
Zur Entnahme des Wolfes gibt es verschiedene Meinungen, bei einer Umfrage des OGM-Instituts, an welcher 70.000 Personen teilnahmen, kam es zu folgenden Ergebnissen:
Wien war das einzige Bundesland, bei welchem die Stimmen gegen eine Entnahme des Wolfes überwogen.
Unterschiede ergaben sich auch zwischen den Generationen: Bei den Pensionist:innen waren 61 Prozent für eine Entnahme, bei unter 30-Jährigen waren es deutlich weniger, nämlich 38 Prozent.
- Österreich: 47 Prozent für die Entnahme, 37 Prozent dagegen, 16 Prozent legten sich nicht fest
- Tirol: 64 Prozent für die Entnahme, 28 Prozent dagegen, acht Prozent legten sich nicht fest
- Wien: 36 Prozent für die Entnahme, 44 Prozent dagegen, 20 Prozent legten sich nicht fest
Wien war das einzige Bundesland, bei welchem die Stimmen gegen eine Entnahme des Wolfes überwogen.
Unterschiede ergaben sich auch zwischen den Generationen: Bei den Pensionist:innen waren 61 Prozent für eine Entnahme, bei unter 30-Jährigen waren es deutlich weniger, nämlich 38 Prozent.