"Übergeben – nimmer leben?"
Eine Hofübergabe ist immer mit Veränderungen verbunden. Diese Veränderungen werden oftmals als unbequem und anstrengend empfunden und mitunter spielt auch ein gewisses Maß an Angst eine Rolle. Angst auf der Übergeberseite, nach der Übergabe keine sinnvolle Aufgabe mehr zu haben, Angst, nicht mehr als der "Huber-Bauer" und das Familienoberhaupt gesehen zu werden und vermeintlich nicht mehr viel wert zu sein. Aber auch Angst auf der Übernehmerseite, den Ansprüchen der Übergeberseite nicht gerecht zu werden, Angst, selbst Verantwortung übernehmen zu müssen. Um eine Übergabe für alle Beteiligten sinnvoll und ihren Bedürfnissen entsprechend ausgestalten zu können, ist es unumgänglich, sich ausreichend Zeit für den Übergabeprozess zu nehmen, und alle möglichen Beteiligten (Übergeber-, Übernehmerseite und auch die weichenden Erben) zu berücksichtigen. Der Besuch von Informationsveranstaltungen und Hilfestellungen der Landwirtschaftskammer bildet eine gute Ausgangsbasis für eine "optimale Hofübergabe".
Familienbetrieb oder doch Unternehmen?
Ein Umstand, der von der bäuerlichen Bevölkerung teilweise zu wenig klar gesehen wird, ist jener, dass es sich bei einem landwirtschaftlichen Betrieb um ein Unternehmen handelt, das wirtschaftlich gewinnbringend betrieben werden sollte und dadurch Einkommen und Arbeitsplatz für die Bewirtschafterfamilie sichern soll. Der landwirtschaftliche Betrieb ist allerdings als Familienbetrieb von Besonderheiten geprägt: beispielsweise ist eine klare Trennung von Unternehmen und Familie oftmals nicht möglich; Zielsetzungen, Investitionen und dergleichen werden von längerfristigem Denken geprägt. Ein Familienbetrieb ist auf Grund seiner Eigenart wohl auch krisenfester: Durch die enge Verbundenheit mit dem Betrieb, der ja auch das Zuhause ist, und den Zusammenhalt in der Familie können auch schwierige Zeiten eher überstanden werden.
Wie bei jedem Unternehmen ist es aber auch in der Landwirtschaft entscheidend, nicht nur an alten Traditionen und am Althergebrachten festzuhalten, sondern innovative Ideen und die Eröffnung von neuen Betriebszweigen sind, insbesondere in der heutigen Zeit, überlebenswichtig. Im Rahmen einer Übergabe soll daher nach Möglichkeit auch die künftige Weiterentwicklung des Betriebes zwischen Jung und Alt thematisiert werden.
Es liegt in der Natur der Sache, dass es beim Thema "Innovation" bzw. Neuausrichtung des Betriebes zu Konflikten zwischen der Übergeberseite und der Übernehmerseite kommen kann. Es ist für die Übergeberseite oftmals schwer einzusehen, dass das mit viel Mühe und persönlichem Einsatz Geschaffene, das sich über die Jahre ja durchaus gut bewährt hat, nicht von den Übernehmern als einzig wahre Bewirtschaftungsform angesehen und weitergeführt wird. Für die Übernehmerseite muss jedoch das passende Konzept für die Zukunft sowohl aus privater als auch unternehmerischer Sicht gefunden werden. Nur so ist der Erfolg und Weiterbestand des Familienbetriebes machbar.
Im Rahmen der Hofübergabe können also – nach entsprechenden familieninternen Gesprächen – die Weichen für den künftigen Erfolg der Familie und des Betriebes gestellt werden.
Im Rahmen der Hofübergabe können also – nach entsprechenden familieninternen Gesprächen – die Weichen für den künftigen Erfolg der Familie und des Betriebes gestellt werden.
Vom richtigen Zeitpunkt?
Einen für jeden Betrieb klar zu definierenden richtigen Zeitpunkt gibt es wohl nicht. Der richtige Zeitpunkt könnte aber dann sein, wenn die Übergeberseite bereit ist, loszulassen und ihr unverzichtbares Know-how und ihre Erfahrung der Übernehmerseite zur Verfügung stellt, wenn diese danach fragt. Aber auch auf der Übernehmerseite muss die Bereitschaft vorhanden sein, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen und im Bedarfsfall Investitionen bzw. eine Neuausrichtung zu wagen.
Abschaffung Pflegeregress – kein Rückgriff auf Vermögen mehr?
Im Herbst 2017 beschloss der Nationalrat die Abschaffung des Pflegeregresses. Das heißt, seit 1. Jänner 2018 ist es den Ländern untersagt, auf das Vermögen von Personen, die in stationären Pflegeeinrichtungen betreut werden, zurückzugreifen. Gleiches gilt für das Vermögen von Angehörigen und Erben sowie Geschenknehmern. Der Zugriff auf Einkünfte bzw. Forderungen und vertragliche Ansprüche ist jedoch nach wie vor erlaubt (zum Beispiel Miete des im Eigentum des Pflegebedürftigen stehenden Wohnhauses, Fruchtgenussrecht an der übergebenen Liegenschaft). Leider wurde mit dem recht rasch gefassten Beschluss auf die genaue Formulierung der Gesetzestexte und dem damit einhergehenden Finanzierungsproblem zu wenig Bedacht genommen. Der Zugriff auf Vermögen ist nunmehr erst seit drei Monaten verboten, doch stoßen die Länder bereits jetzt an ihre finanzielle Belastbarkeit. Es ist daher empfehlenswert, sich nicht zu sehr auf das derzeitige Verbot des Zugriffes auf Vermögen zu verlassen. Eine Übergabe des Hofes zu Lebzeiten ist daher auch weiterhin jedenfalls zu empfehlen!
Klare Regelungen – Übergabsvertrag
Der Übergabsvertrag soll klare Regelungen für die Zukunft beinhalten. Im Idealfall finden sich in diesem Vertrag neben den vereinbarten Gegenleistungen für die Übergeberseite (Wohnungsrechte, Ausgedingeleistungen etc.) auch erbrechtliche Regelungen wie Pflichtteils- oder Erbverzichte der weichenden Erben. Nur so kann die Übernehmerseite vor allfälligen erbrechtlichen Ansprüchen im Ablebensfalle der Übergeberseite geschützt werden. Es ist daher ratsam, bei einer Hofübergabe zu Lebzeiten neben der Übernehmer- und Übergeberseite auch die weichenden Erben (das sind die Geschwister der Übernehmerseite) zu berücksichtigen und in den Übergabeprozess einzubinden.
Wie in jedem Unternehmen ist eine klare Aufgabenverteilung auch bei einem landwirtschaftlichen Betrieb von Vorteil. Es soll im Rahmen der Übergabe angesprochen werden, wie weit die Übergeberseite auch nach der Übergabe noch mithelfen kann oder soll. Auch die genaue Klärung der Wohnsituation ist empfehlenswert. Sowohl Übergeber- als auch Übernehmerseite brauchen entsprechende Rückzugsmöglichkeiten, um ein gutes Miteinander der Generationen am Hof zu gewährleisten. Der Übergabsvertrag soll nach Möglichkeit die Bedürfnisse aller Beteiligten widerspiegeln - nach der Übergabe soll keiner das Gefühl haben, ungerecht behandelt oder gar über den Tisch gezogen worden zu sein.
Außerfamiliäre Hofübergabe
Manchmal ist eine Übergabe im familieninternen Kreis nicht möglich. Dies kann verschiedene Gründe haben. Zum einen sind schlichtweg keine Nachkommen vorhanden, zum anderen haben sich die vorhandenen Nachkommen beruflich anderweitig orientiert.
Eine Möglichkeit neben der Verpachtung bzw. Aufgabe eines Betriebes kann eine außerfamiliäre Hofübergabe darstellen. Die Landjugend Österreich hat sich diesbezüglich ausführlich in einer Broschüre mit diesem Thema befasst. Es gibt dazu auch eine entsprechende Online-Plattform, in der der potentielle Hofübernehmer (meist sind dies weichende Erben oder aber auch gänzliche Neueinsteiger) und Hofübergeber zusammenfinden können. Unter der Adresse www.perspektive-landwirtschaft.at können entsprechende Informationen eingeholt werden.
Hier bedarf es allerdings ganz besonderer Informationsbeschaffungen, um mögliche Varianten (Pacht des Betriebes auf Probe, Kauf, Kauf auf Leibrente und dgl.) zu beurteilen und allenfalls vorhandene Nachkommen entsprechend zu berücksichtigen.
Inanspruchnahme von Beratungsleistungen
Immer mehr verschiedenste Berater offerieren ihre Unterstützung bei Hofübergaben, die jedoch mitunter zu wenig mit den Besonderheiten der bäuerlichen Familienbetriebe vertraut sind. Die Landwirtschaftskammer als Interessenvertretung der Landwirtinnen und Landwirte kann hingegen auf ihre langjährigen Erfahrungswerte und kompetenten Mitarbeiter zurückgreifen und in den jeweiligen Bereichen fundierte Hilfestellung leisten.
Egal, ob es sich um Fragen der Betriebsentwicklung, des Förderrechtes oder sozial- und steuerrechtliche Hilfestellungen im Zusammenhang mit einer Übergabe handelt, es empfiehlt sich jedenfalls, die Beratungsangebote der Landwirtschaftskammer in Anspruch zu nehmen. Sämtliche Aspekte einer Hofübergabe sollen beleuchtet und besprochen werden, um schließlich eine optimale Übergabe des Familienbetriebes in die nächste Generation zu ermöglichen.
Egal, ob es sich um Fragen der Betriebsentwicklung, des Förderrechtes oder sozial- und steuerrechtliche Hilfestellungen im Zusammenhang mit einer Übergabe handelt, es empfiehlt sich jedenfalls, die Beratungsangebote der Landwirtschaftskammer in Anspruch zu nehmen. Sämtliche Aspekte einer Hofübergabe sollen beleuchtet und besprochen werden, um schließlich eine optimale Übergabe des Familienbetriebes in die nächste Generation zu ermöglichen.