Wege: Damit Recht auch Recht bleibt
1 Immer wieder hört man: Weil Bäuerinnen und Bauern Förderungen erhalten, seien auch ihre Flächen begehbar. Wie stichhaltig ist ein solches Argument?
Das Verhältnis der Gesellschaft zu land- und forstwirtschaftlichen Flächen hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr in Richtung „kostenloser Freizeitpark“ gewandelt. Landwirtschaftliche Flächen wie Äcker und Wiesen gehören jedoch nicht der Allgemeinheit, sondern stehen im Privateigentum der jeweiligen Grundeigentümer:innen. Von Freizeitsportler:innen wie etwa Tourengeher:innen dürfen diese Grundstücke grundsätzlich nur mit Zustimmung der Grundeigentümer:innen begangen bzw. befahren werden, es sei denn, eine entsprechende Dienstbarkeit wurde bereits ersessen. Das Argument, wonach der Bezug von Förderungen es rechtfertigt, dass Privatflächen der Landwirt:innen für die Allgemeinheit frei zugänglich seien, ist rechtlich nicht haltbar.
2 Wie kann einer Ersitzung von Wegerechten generell vorgebeugt werden?
Dienstbarkeiten, wie etwa Wegerechte, werden durch regelmäßige Rechtsausübung im guten Glauben über einen Zeitraum von 30 bzw. 40 Jahren (Staat, Gemeinden) ersessen. Auch alpine Vereine, Gemeinden und Tourismusverbände können grundsätzlich Dienstbarkeiten wie etwa Gehrechte für ihre Mitglieder bzw. Bürger:innen durch Ersitzung erwerben. Grundeigentümer:innen können vor Ablauf der Ersitzungszeit einer Ersitzung vorbeugen, indem sie ein ausdrückliches Verbot der Grundbenützung aussprechen, die Erlaubnis der Benützung auf jederzeitigen Widerruf gestatten oder eine vertragliche Regelung treffen. Unerlaubte Eingriffe in Besitz und in das Eigentum können zivilrechtlich mit Besitzstörungs- und/oder Eigentumsfreiheitsklage bei Gericht abgewehrt werden. Bei Sach- und Vermögensschäden können überdies die Verursacher:innen zum Schadenersatz herangezogen werden. Des Weiteren findet sich im Tiroler Feldschutzgesetz eine Bestimmung, wonach beispielsweise das unbefugte Fahren, Reiten oder Verletzen der Grasnarbe auf landwirtschaftlichen Flächen eine Verwaltungsübertretung darstellt und von der Behörde zu ahnden ist.
3 Darf ein Weg generell abgesperrt werden?
Sofern ein Privatweg nur der Erschließung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke dient, kann dieser mittels Tor versperrt werden. Jedenfalls muss dafür gesorgt werden, dass allen zu Benützung des Weges Berechtigten Schlüssel ausgehändigt werden. Führt ein Weg jedoch zu einem Wohnhaus, dürfen nur unversperrte Tore errichtet werden, da die Zufahrt in diesem Fall für einen unbestimmten Personenkreis wie Besucher:innen oder Einsatzkräfte jederzeit möglich sein muss. Wird ein Weg bereits länger als 30 Jahre genutzt, kann eine Ersitzung vorliegen. Durch eine Absperrung könnte eine rechtswidrige Einschränkung in die Rechte Dritter erfolgen, die sich durch geeignete rechtliche Schritte dagegen zur Wehr setzen können. Denkbar wäre gegebenenfalls auch eine zeitweilige oder dauerhafte Umleitung von Wanderwegen unter der Voraussetzung des Einverständnisses von sämtlichen beteiligten Grundeigentümer:innen sowie Wegeverantwortlichen und Berechtigten.
4 Soll man Freizeitsportler:innen wie Tourengeher:innen oder Mountainbiker:innen ohne irgendeinen Hinweis den Weg frei geben?
Gemäß § 33 Abs. 1 Forstgesetz gibt es ein allgemeines Betretungsrecht, wonach „jedermann, unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten“ darf. D.h. das Eigentumsrecht der Waldeigentümer:innen wird hier eingeschränkt – sie müssen das Betreten ihrer Grundstücke durch Dritte zum Zweck der Erholung dulden. Ausdrücklich ausgenommen vom Betretungsrecht sind Flächen, für die ein behördliches Betretungsverbot verhängt wurde sowie neu bewaldete oder aufgeforstete Flächen, deren Bewuchs unter eine Höhe von drei Metern liegt. Das Klettern an Felswänden im Wald wird im weitesten Sinne auch als Betreten des Waldes verstanden und bedarf daher keiner Zustimmung der Grundeigentümer:innen. Hingegen ist die kommerzielle Nutzung oder etwa die professionelle Aufbereitung einer Felswand durch Errichtung einer Vielzahl von Kletterrouten (Klettergarten) sowie die Ausübung der Sportarten Reiten oder Mountainbiken nicht vom Betretungsrecht umfasst und bedarf daher immer der Zustimmung der Grundeigentümer:innen.