30.03.2017 |
von Hans Gföller
Hunde auf Almen sind das Problem!
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Am 28. Juli 2014 ereignete sich in Neustift im Stubaital (Pinnistal) ein tragischer Unfall, bei dem eine deutsche Touristin ums Leben gekommen ist. Sie begab sich zunächst mit den 11er-Liften auf den Berg und wanderte schließlich über das Weide- bzw. Almgebiet Pinnisalm zurück ins Tal. Die Frau hatte einen angeleinten Hund bei sich, dessen Leine mittels Karabiner um ihre Hüfte befestigt war. Die dort frei weidenden Mutterkühe haben aufgrund ihres Mutterinstinktes den mitgeführten Hund als mögliche Gefahr (Stichwort: Wolfseffekt) angesehen und wollten in weiterer Folge ihre Kälber vor dem Hund als vermeintlichem Angreifer schützen. Beim Vorfall hat die Wanderin den Hund nicht abgeleint, weshalb leider auch die Frau schließlich zum Ziel der Mutterkühe wurde. Die Herde der Mutterkühe und ihre Kälber waren innerhalb des Alm- und Wandergebiets Pinnistal nicht eingezäunt. Der Bauer als Tierhalter hat aufgrund einer Empfehlung der Landwirtschaftskammer Tirol in den Jahren 2007 und 2008 bei den Zutrittsstellen zu seinem Almgebiet mehrsprachige Warn- und Hinweisschilder mit dem Text „Achtung Weidevieh! Halten Sie unbedingt Distanz – Mutterkühe schützen ihre Kälber – Betreten und Mitführen von Hunden nur auf eigene Gefahr“ aufgestellt.
Strafverfahren eingestellt
Nach dem Vorfall nahm die Staatsanwaltschaft Innsbruck Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch den Tierhalter der Mutterkühe auf. Das Strafverfahren wurde nach genauer Prüfung des Sachverhalts durch die Staatsanwaltschaft ohne Erhebung einer Anklage noch im Jahr 2014 eingestellt.
Klage auf Schadenersatz
Innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist brachten der Witwer und sein Sohn im Herbst 2016 eine Klage auf Schadenersatz vor dem Landesgericht Innsbruck ein. Nach dem Austausch von Schriftsätzen zwischen dem Gericht und den Rechtsanwälten folgt nun am 9. Mai 2017 die erste mündliche Streitverhandlung. Es wird aufgrund des erwarteten, umfangreichen Beweisverfahrens mit einem langwierigen Prozess gerechnet. Das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck kann vor dem Oberlandesgericht Innsbruck und in letzter Instanz vor dem Obersten Gerichtshof in Wien bekämpft werden. Der Ausgang des Verfahrens könnte im schlimmsten Fall negative Auswirkungen auf die jahrhundertelang gelebte Praxis des grundsätzlich freien Weideganges im österreichischen Almgebiet haben. Aus der Sicht der Rechtsabteilung der LK Tirol ist damit aus heutiger Sicht jedoch nicht zu rechnen.
Sorgfaltspflichten bei Viehhaltung in Almgebieten
Aus Anlass des auch im Ausland aufsehenerregenden Unfalles, bei dem eine Touristin auf der Alm getötet wurde und die Hinterbliebenen nun klagen, gilt es neuerlich, zu den Sorgfaltspflichten des Tierhalters in Almgebieten von Seiten der Landwirtschaftskammer Tirol zu informieren.
Die schadenersatzrechtliche Haftung des § 1320 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) trifft einen Tierhalter, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hat. Nach ständiger Lehre der Universitäten und Rechtsprechung der österreichischen Gerichte ist als Tierhalter derjenige anzusehen, der das Tier dauernd in seinem Gewahrsam hat, die Herrschaft über das Tier ausübt und somit regelmäßig sein Verhalten erzwingen kann. Es ist somit derjenige, der im eigenen Namen zu entscheiden hat, wie das Tier zu verwahren und zu beaufsichtigen ist. Während der Almsaison geht demnach die Tierhaltereigenschaft vom Talbauern auf den Almbewirtschafter über.
Das ABGB legt die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung als Maßstab der objektiven Sorgfaltspflicht fest. Den Maßstab bildet ein sorgfältiger Landwirt. Wie ein Tier zu verwahren oder zu beaufsichtigen ist, richtet sich immer nach den Umständen des Einzelfalles. Es spielt dabei die Gefährlichkeit des Tieres (je gefährlicher, desto sorgfältiger zu verwahren), die Möglichkeit der Schädigung durch das spezifische Tierverhalten (je wahrscheinlicher eine Schädigung, desto besser ist das Tier zu verwahren; häufiger Kontakt mit Menschen oder gar Kindern), und die Abwägung der beiderseitigen Interessen (Recht auf körperliche Unversehrtheit und die im allgemeinen Interesse liegende Aufrechterhaltung der Land- bzw. Almwirtschaft) eine Rolle. Dabei dürfen die Anforderungen an die Verwahrungspflicht und Beaufsichtigungspflicht nicht überspannt werden, sodass dadurch das Halten von objektiv ungefährlichen Haus- und Nutztieren unmöglich gemacht wird.
Aus Anlass des auch im Ausland aufsehenerregenden Unfalles, bei dem eine Touristin auf der Alm getötet wurde und die Hinterbliebenen nun klagen, gilt es neuerlich, zu den Sorgfaltspflichten des Tierhalters in Almgebieten von Seiten der Landwirtschaftskammer Tirol zu informieren.
Die schadenersatzrechtliche Haftung des § 1320 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) trifft einen Tierhalter, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hat. Nach ständiger Lehre der Universitäten und Rechtsprechung der österreichischen Gerichte ist als Tierhalter derjenige anzusehen, der das Tier dauernd in seinem Gewahrsam hat, die Herrschaft über das Tier ausübt und somit regelmäßig sein Verhalten erzwingen kann. Es ist somit derjenige, der im eigenen Namen zu entscheiden hat, wie das Tier zu verwahren und zu beaufsichtigen ist. Während der Almsaison geht demnach die Tierhaltereigenschaft vom Talbauern auf den Almbewirtschafter über.
Das ABGB legt die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung als Maßstab der objektiven Sorgfaltspflicht fest. Den Maßstab bildet ein sorgfältiger Landwirt. Wie ein Tier zu verwahren oder zu beaufsichtigen ist, richtet sich immer nach den Umständen des Einzelfalles. Es spielt dabei die Gefährlichkeit des Tieres (je gefährlicher, desto sorgfältiger zu verwahren), die Möglichkeit der Schädigung durch das spezifische Tierverhalten (je wahrscheinlicher eine Schädigung, desto besser ist das Tier zu verwahren; häufiger Kontakt mit Menschen oder gar Kindern), und die Abwägung der beiderseitigen Interessen (Recht auf körperliche Unversehrtheit und die im allgemeinen Interesse liegende Aufrechterhaltung der Land- bzw. Almwirtschaft) eine Rolle. Dabei dürfen die Anforderungen an die Verwahrungspflicht und Beaufsichtigungspflicht nicht überspannt werden, sodass dadurch das Halten von objektiv ungefährlichen Haus- und Nutztieren unmöglich gemacht wird.
Rinder sind neben Schafen und auch Pferden die üblicherweise auf Almweiden gehaltenen Tiere. Sie dienen der landwirtschaftlichen Nutzung. Dies geschieht insbesondere auch im Interesse der Allgemeinheit und nicht nur aus rein privatem Interesse. Diese landwirtschaftlichen Nutztiere neigen im Allgemeinen nicht dazu, Menschen oder Sachen anzugreifen. Eine besondere Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflicht für auf Almen gehaltene Tiere besteht aus diesem Grund auch nur dann, wenn dies mit Rücksicht auf ihre spezielle Eigenschaft erforderlich ist. Einzelne aggressive Tiere sind gesondert zu verwahren, sodass sie sich einem Weg nicht nähern können. Auch der häufige Kontakt des Weideviehs zu Touristen, die durch Füttern, Fotografieren etc. die Tiere „verderben“ und dadurch zu einer stetigen Annäherung des Weideviehs an den Menschen führen, verpflichtet zu Sicherungsmaßnahmen. Besondere praktische Bedeutung erlangten in den vergangenen Jahren jene Fälle, in denen Hundehalter bzw. Hunde von Mutterkühen angegriffen wurden. Mutterkühe nehmen Hunde als Wölfe wahr und versuchen ausgehend von diesem natürlichen Instinkt, ihre Kälber – mitunter auch durch aggressives Verhalten – zu schützen. Der Oberste Gerichtshof in Wien nimmt in diesen Fällen eine erhöhte Sorgfaltspflicht des Bauern an.
Die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung hängt auch von den örtlichen und zeitlichen Umständen ab. Ganz allgemein sind umso größere Sicherungsmaßnahmen zu treffen, je größer die erkennbare Gefährlichkeit ist. Für Almgebiete wird von den Gerichten zu Recht grundsätzlich ein geringeres Maß der erforderlichen Verwahrung und Beaufsichtigung festgelegt. Denn bloß abstrakte Gefahren, die sich im ganzen Almgebiet durch landwirtschaftlich genutzte Tiere ergeben, können in einem Gebiet in dem schon seit Jahrhunderten freier Weidegang üblich ist, auch nur beschränkt durch zumutbare Sicherungsmaßnahmen beseitigt werden. Kann die Gefahr aber in örtlicher und zeitlicher Hinsicht eingegrenzt werden, so sind auch im Almgebiet erhöhte Anforderungen an die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung zu stellen.
Es besteht generell keine Verpflichtung, einen Weg, der durch eine Kuhweide führt, durch Zäune von Weidegebiet abzugrenzen. So ist eine Abzäunung von Wanderwegen, die durch Almgebiete führen, weder üblich noch zumutbar. Auch eine nur fallweise stärker befahrene Straße, die durch ein Almgebiet führt, macht unter Umständen keinen besonderen Verwahrungsmaßnahmen erforderlich. Andererseits kann sich durch besondere örtliche Aspekte sehr wohl eine Verpflichtung für erhöhte Sicherungsmaßnahmen ergeben. So ist z. B. ein 150 Meter langer Weg zwischen einem Parkplatz und einer Seilbahn, der von zahlreichen Touristen genutzt wird, abzuzäunen. Werden also die typischen Almverhältnisse verändert, ist an die Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflicht ein höherer Maßstab anzulegen.
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Das Aufstellen von Warnhinweisen im Almgebiet ist nur eine von mehreren Möglichkeiten, seiner Sorgfaltspflicht als Tierhalter nachzukommen. Dies ist nur dann als ausreichendes Mittel anzusehen, wenn darüber hinausgehende, andere Sicherungsmaßnahmen, wie z. B. Zäune, unzumutbar sind. Warnhinweise stellen deshalb nur eine subsidiäre, d. h. nachrangige Sicherungsmaßnahme dar, und entbinden den Tierhalter nicht von der Durchführung der nötigen Verwahrung bzw. Beaufsichtigung beispielsweise durch Abzäunungsmaßnahmen. Die Landwirtschaftskammer Tirol stellt für die bevorstehende Almsaison auch heuer wieder speziell ausgearbeitete Warn- bzw. Hinweistafeln für die Bauern zur Verfügung. Die Tafeln können über die Bezirkskammern oder über den Almwirtschaftsverein bezogen werden.
Versicherung gegen Schadenersatz
Zur Absicherung gegen zivilrechtliche Schadenersatzforderungen hat der Tiroler Almwirtschaftsverein speziell für seine Mitglieder eine Gruppenversicherung abgeschlossen. Sie umfasst auch eine Ersatzhaftpflichtversicherung zu sechs Euro je Bauer (Mitglied des Almwirtschaftsvereins) insbesondere bei Ausstieg der jeweiligen Betriebshaftpflichtversicherung des Landwirts. Die Versicherung ist verbunden mit der Mitgliedschaft zum Almwirtschaftsverein, weshalb sie ohne Mitgliedschaft zum Verein nicht abgeschlossen werden kann.